CD Kritik Progressive Newsletter Nr.31 (07/2000)

Planet X - Universe
(56:23, Insideout, 2000)

Hmmh, mal sehen, ob Mr. Sherinian die Qualität seines ersten Soloalbums halten konnte. Schon nach ein paar Takten des ersten Liedes "Clonus" wird mir klar - das macht er mit links. Aber Song um Song präsentiert er einem immer wieder neue Ideen, frische Einfälle und abwechslungsreiche Sounds und so wird einem spätestens nach der Hälfte deutlich, dass der Vorgänger sogar noch überboten wurde. Zusammen mit seinen zwei Mitstreitern, dem Gitarrenheld Tony MacAlpine und dem eher unbekannten, aber nichts desto weniger hervorragenden, Drummer Virgil Donati, lässt er eine Art von Prog-Fusion-Metal vom Stapel, die mit den üblichen abgenudelten Versuchen tausender amateurhafter Prog Metal Bands absolut nichts gemeinsam hat. Es geht eben nicht nur ausschließlich um Komplexität und um die Einstellung des Rekords im Break-Erzeugen. Deswegen wollte ich den Begriff "Prog Metal" eigentlich ganz vermeiden, aber es ist halt nun mal u.a. auch Prog mit Metal-Einflüssen drin, obwohl das eigentlich interessante an dieser durchaus komplexen Musik die Fusion- und manchmal auch leichten Jazz Rock Einflüsse sind. Die Stücke, alle im Bereich zwischen 4 und 8 Minuten sind allesamt kleine Juwele des metal-lastigen Prog (ah, doch noch das böse Wort umschifft): abwechslungsreich, komplex und nie langweilig. Gegner dieser Art von Musik werden allerdings sicher auch Adjektive wie z.B. "hektisch" oder "zerhackt" nennen. Erfreulicherweise spielt sich kein Musiker in den Vordergrund. Keyboarder Sherinian und E-Gitarrist MacAlpine teilen sich brüderlich die Aufmerksamkeit des Hörers und wechseln sich in ihren Soli ab. Die Klammer bildet die wirklich sehr gute Schlagzeugarbeit des Australiers Virgil Donati. Er pendelt das Ganze genau in der goldenen Mitte zwischen anspruchsvoller Komplexität und fetziger Rhythmusarbeit aus. Von daher ist es wirklich eine Band und kein Derek Sherinian Soloprojekt mehr, wie ich oben noch geschrieben habe. Die kommenden Konzerte dürften interessant werden. Hoffentlich kommt die Combo dieses Mal etwas mehr in Deutschland rum. So liefert uns also der "Caligula der Keyboards" (Zitat Kiss über Derek Sherinian), um beim Bild zu bleiben, eine ausschweifende und gut inszenierte Instrumentalorgie für geschulte Prog-Ohren. Für reine Neo Prog Warmduscher und Melodic Rock Gelbphasenbremser weniger geeignet. Zusammen mit Spock's Beard mein Tipp für die CD des Jahres.

El Supremo



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