CD Kritik Progressive Newsletter Nr.30 (05/2000)

Ethos - Relics
(65:49, Black Moon Productions, 1973-75)

Neben den noch folgenden Fireballet, gehörten auch Ethos in den 70ern zu den hoffnungsvollen Bands aus den U.S.A. Ethos bekamen immerhin einen Majordeal bei Capitol Records, veröffentlichten dort die Alben "Ardour" and "Open up" und spielten u.a. zusammen mit Yes, Gentle Giant, Weather Report, Focus und King Crimson. A propos King Crimson. Man sah sich selbst als amerikanische Antwort auf diese Band (obwohl Ethos wesentlich melodischer, sinfonischer und ebenfalls zugänglicher klingen), aber wie es Sänger und Gitarrist Will Sharpe so nett in den Liner Notes zu dieser CD sagt: "Amerika wollte keine Antwort!". Und so brach die Band schließlich Ende der 70er auseinander. Das vorliegende "Relics" beinhaltet nun die Nachlassenschaft aus der Frühphase der Band. Zum Teil sind die Titel unveröffentlicht, zum Teil Alternativversionen zu dem, was später auf den Longplayer für Capitol Records landen sollte. Sieben Titel wurden 1974 im heimischen Studio aufgenommen, zwei Titel sind Liveaufnahmen aus dem gleichen Jahr, zwei auch sehr historisch klingende Titel wurden 1973 mit primitivsten Mitteln zu Hause aufgenommen. Doch trotz des angetagten Alters, ist die Aufnahmequalität zufriedenstellend, musikalisch sind die Titel jedoch weit mehr als nur die ersten Gehversuche einer nach mehr strebenden Band. Sicherlich klingt manches noch etwas blechern und wackelig, aber trotzdem vielen Bands immer noch haushoch überlegen. Auffallend sind vor allem die gelegentlich auftretenden, richtig fetten Mellotronsounds, daneben gibt es neben folkloristischen Kurzausflügen, ansonsten hauptsächlich anspruchsvollen Progressive Rock der alten Schule. Virtuose Breaks, voluminöse Instrumentalorgien, Bombast und abgedrehte Parts genau an der richtigen Stelle, aber ebenso wunderschöne, gefangennehmende Melodien in Ruhe und Gelassenheit. Gerade in den ruhigeren Passagen kommt natürlich das Mellotron bestens zur Geltung. Die Mischung aus Sanftheit und Aggressivität, Melodie und Komplexität passt. "Relics" ist somit kein wiedergefundenes Ethos Album und sollte auch nicht als Einstieg in die Musik der Amerikaner dienen, denn dafür ist "Ardour" besser geeignet, es präsentiert aber dennoch einige sehr schöne Frühwerke einer wieder mal viel zu kurzlebigen Band.

Kristian Selm



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