CD Kritik Progressive Newsletter Nr.29 (03/2000)
Quidam - Baja Prog / Live in Mexico '99
(76:52, Rock-Serwis, 1999)
Irgendwie hängt mir der Ruf nach, nicht sehr viel von Neo Prog zu halten oder dieses Wort nur abwertend zu benutzen. Doch soll mit dieser Kritik wieder mal das Gegenteil bewiesen werden. Denn wenn Neo Prog so emotional überschäumend, so perfekt aufeinander abgestimmt präsentiert wird, dann kriegt sich selbst der Chefkritiker vor Begeisterung kaum noch ein. Doch leider (oder für den Geldbeutel zum Glück!) gibt es nur ganz wenige Bands von solchem Kaliber wie Quidam. Dass die Band auch live qualitativ hochwertige Musik zu bieten hat, dies offenbart diese wunderbare Live CD, die im März 1999 auf dem Baja Prog Festival in Mexicali mitgeschnitten wurde. Nachdem das letzte Studioalbum "Sny aniolów" doch an einigen Stellen zu poppig und geradlinig ausgefallen war, die kurz danach veröffentlichte, komplett in englisch gesungene Version "Angels of mine" in keinster Weise die Magie von polnischem Gesang und melodischem Sinfonic Rock einfangen konnte, enthält "Live in Mexico '99" bis auf "Angels of mine" (fürs mexikanische Publikum mit ein paar Takten von "La cucaracha" angereichert) ausschließlich Titel in Landessprache. Dabei macht das namelose Debüt mit fünf Titeln den Löwenanteil aus. Zwei superbe Coverversionen, nämlich Camels "Rhayader / Rhayader goes to town" und die progressive, endlich auf Tonträger erhältliche Version des Deep Purple Klassikers "Child in time", geben dem Album den letzten Schliff. Besonders letzteres ist definitiv eines der Highlights der CD. Quidams Livepräsenz lebt von mitreißender Leidenschaft und Fröhlichkeit. Sängerin Emila Derkowska trällert engelsgleich in den höchsten Tönen, Gitarrist Maciek Meller lässt gefühlvoll die Saiten heulen (u.a. mit einem Zitat von Genesis "Firth of fifth"). Dazu eine solide Rhythmustruppe, gelegentliche Sprenkler an Keyboards und Flöte, runden den kompakten Sound ab. Abgesehen von der polnischen Sprache, die für manchereins Probleme bereiten könnte, gehört dieses packende Livedokument in jede gut sortierte Sammlung.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2000