CD Kritik Progressive Newsletter Nr.27 (09/1999)
Balletto Di Bronzo - Trys
(71:32, Mellow Records, 1999)
Für einige Hardcore Italo Prog Fans zählt das 1972 erschiene Album "Ys" von Il Balletto Di Bronzo zu den besten Progressive Rock Alben überhaupt. Das ist vielleicht eine Spur zu enthusiastisch und hochgegriffen, in der Reihe der besten italienischen Alben aus den 70ern, nimmt es aber zweifellos einen der vorderen Plätze ein. Nach nur zwei Alben ging man damals getrennte Wege, doch wie so viele Bands aus jener Zeit reformierten sich Il Balletto Di Bronzo in den 90ern ebenfalls neu. Von der ursprünglichen Besetzung ist nur noch Gianni Leone mit von der Partie. Mit seinen Keyboards bestimmte er in Vergangenheit und auch noch heute den Sound der Italiener nicht unerheblich. Begleitet wird er von Schlagzeuger Ugo Vantini und Bassist Romolo Amici. "Trys" ist nun als erstes Lebenszeichen der Band gleich ein Livealbum, welches 1996 auf dem Progressivamente Festival in Rom mitgeschnitten wurde. Kernstück ist dabei natürlich die Liveinterpretation von "Ys". Leider gelingt es nicht ganz, die Magie dieses Albums auch live umzusetzen. Dies hat mehrere Ursachen: zum einen fehlt eindeutig die Gitarre, zum anderen ist die Atmosphäre nicht ganz so prickelnd und gänsehauterzeugend wie das Original, was teilweise auf die moderneren Keyboardsounds zurückzuführen ist. Die fesselnde Substanz und Emotionalität dieser Scheibe ist dennoch im Geiste spürbar und präsentiert komplexen, sinfonischen Italo Prog voll mitreißender Gefühlswelt in Perfektion. Daneben enthält die CD drei Titel von Leones deutlich keyboardlastigen Soloprojekten LeoNero, eine Neuinterpretation der aus dem Jahre 1973 stammende Il Balletto Di Bronzo Single "Donna Vittoria", sowie zwei eher überflüssige Titel ("Marcia in sol monore", "Technoage" - hat den nervigen Beat von "Der Mussolini" von D.A.F.), die vollmundig angekündigt, nur für das aufgenommene Konzert komponiert wurden, aber einem nicht arg vom Hocker hauen. Eine bluesige Ballade ("Love in the kitchen") beschließt den Set. Dieses Album ist eindeutig etwas für die Nostalgiker der italienischen Musik. Da aber die Versionen aus den 90ern trotz moderner Mittel dem Original nicht das Wasser reichen können, bleibt jedem selbst überlassen, ob er auf diese Neuinterpretation eines grandiosen Klassikers zurückgreifen möchte.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999