CD Kritik Progressive Newsletter Nr.26 (07/1999)
Steve Hackett - Darktown
(56:39, Camino, 1999)
Überraschend dunkel und bedrohlich meldet sich der Ex-Genesis-Gitarrist Steve Hackett mit seinem neuen Album zurück. Dabei gelingt ihm das, was sich seine ehemaligen Bandgenossen bei ihrer letzten Produktion "Calling all stations" zwar vornahmen, jedoch nur teilweise umsetzen konnten, nämlich eine Rückkehr zu einer anspruchsvolleren, weniger kommerziellen Produktion, die dennoch in der großartigen Genesis Tradition steht. Ob das nun alles wirklich noch Prog zu nennen ist, mögen die Puristen unter den Lesern gefallen - der Rezensent war jedenfalls hocherfreut. Mr.Hackett wird ganz vorzüglich bei jeweils einem Stück von Ian McDonald (Ex-King Crimson, Ex- Foreigner) und vom schottischen (!) Sänger Jim Diamond unterstützt. Eben dieser Diamond, der in den 80er Jahren mit "I should have known better" zum klassischen One-Hit-Wonder degradiert wurde, setzt mit seinen Vocals beim Stück "Days of long ago" ein Highlight auf dem gelungenem Album, doch auch wenn der Gitarrero selbst ins Mikro brummelt, wird es nicht allzu arg. Die eigentliche Überraschung ist die Qualität der Texte, bissig und zynisch entwirft Hackett das Bild einer dunklen, herzlosen Gesellschaft - Ähnlichkeiten zu existierenden oder vergangenen Gesellschaftsformen sind bestimmt nicht zufällig - geradezu hinreißend das zynische, militäresque "The golden age of steam", der Geschichte eines Kindes, dass mit kindlicher Begeisterung für die Zwecke des Nationalsozialismus missbrauchen lässt, bis es zum Opportunisten degradiert wird. Exquisit aber auch das Titelstück mit einem wieder zum (Prog-)- Leben erwachtem Ian McDonald - überhaupt, das Album gehört sicherlich zu den positiven Überraschungen des laufenden Jahres. Mit Hackett ist nach den Vergangenheitsbewältigung der Alben "Genesis revisited" und "The Tokyo tapes" wieder zu rechnen - im Hier und Jetzt - und so stark wie schon lange nicht mehr.
Sal Pichireddu
© Progressive Newsletter 1999