CD Kritik Progressive Newsletter Nr.19 (03/1998)

Fermata - Fermata & Piesen z hol
(67:57, Bonton, 1975/76)

Die tschechische Band Fermata hat in den siebziger Jahren fünf sehr schöne Alben auf den Markt gebracht, die allesamt, nicht zuletzt aufgrund politischer Schwierigkeiten, instrumental blieben. "Huascaran" wurde schon in PNL Nr.11 beschrieben. Hier und jetzt nun die brandneu auf den Markt gebrachten beiden ersten Platten, gemeinsam auf einer CD. Damit fängt das Übel gleich an, denn von der ersten LP ist ein 11:30 minütiger. Titel weggelassen worden, den man problemlos mit King Crimson, und speziell mit "Starless" vergleichen kann. Wenn ich mich nicht täusche, steht (auf tschechisch) im Booklet, dass der Song als Bonus auf einer folgenden CD sein wird. Hoffentlich! Das erste Album, schlicht "Fermata" betitelt, bietet kraftvollen und ausdrucksstarken Jazzrock mit einem kräftigem Schuss Hardrock. Schier endlose Gitarrensoli ergänzen mit abstrakten Keyboardläufen den stets aufgewirbelten Bass-Drum-Teppich. Der Bassmann ist hervorragend. Er reiht sich nicht ein, sondern bestimmt das Geschehen mit. Das Wort "songdienlich" ist hier fehl am Platze, kommerzielle Töne sind schlichtgesagt nicht vorhanden, diese Musik ist eine einzige Orgie. Das zweite Album "Piesen z hol", vollständig auf der CD, legt mächtig los. Die Melodien sind feiner und lebendiger, der Hardrock-Anteil zurückgeschraubt und eine Violine in den nun gleichwertig von Tasten und Saiten bestimmten Sound integriert. Jeder Musiker liefert ein Paradebeispiel für instrumentales Können und solistische Filigranität. Bombast ist hier weniger zu finden, die Songs strahlen eher eine elegante Kühle aus. Zehn Songs, drei über zehn Minuten und der Rest zwischen zwei und sieben Minuten, die mit Folkgefühl und ausdrucksstarken Soli tief in progressiver Musik stehen. Schade, dass im Booklet nur Texte in tschechischer Sprache stehen, auf den Platten gab es noch englische Übersetzungen. Der Ostblock von seiner schönsten Seite (irgendwie musste das ja ertragen werden).

Volkmar Mantei



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