CD Kritik Progressive Newsletter Nr.19 (03/1998)

Finisterre - Live ...ai margini della terra fertile...
(74:09, Mellow Records, 1997)

Aus den unzähligen und oft auch minderwertigen Produktion des italienischen Labels Mellow Records ragte in letzter Zeit immer eine Band besonders heraus: Finisterre. War es ihr in epischer Breite dem antikvierten Italo-Prog huldigendes Höstsonaten-Projekt (Kritik PNL Nr.14) oder die '96er Veröffentlichung "In limine" - immer boten sie begeisternden Stoff für die Ohren. Bei ihrem ersten Livealbum, welches Aufnahmen vom Prog-Live Festival '97 in Corbigny (Frankreich) und Punto d'incontro Italo Calvino Festival in Loano (Italien) enthält, verliert ihre Mischung aus klassischem Italo-Prog, Jazz Rock und neo-progressivem Tagewerk jedoch etwas die Brillanz der Studioaufnahmen. Das mag zum einen am Livesound liegen, der für mitteleuropäische Ohren noch im akzeptablen Rahmen bleibt, aber andererseits auch daran, dass ihr emozione & canzone nicht immer spannend genug klingt und stellenweise auch im polymetrischen Wirrwarr versinkt. Daneben hat man sich ebenfalls bei einer scheinbaren Improvisation mit kaum noch anhörbaren Extremen wesentlich zu weit aus dem Fenster gelehnt ("Algos"). Dennoch beinhaltet die effektvoll zur Schau getragene Leidenschaft der vier Genueser viele starke Momente. Da duelliert die Hardrock Gitarre mal mit den Gast Flötern, man versinkt in rhythmisch vertracktem neo-progressiven Bombast oder klaut einfach launisch den Schlussteil von Genesis "Firth of fifth". Besonders die Gastauftritte der beiden Flöter Sergio Grazzia und Marco Moro seien als effektvolle Ergänzung herausgehoben. Die hauptsächlich instrumentalen Ausflüge bieten alles in allem einen vielschichtigen Einblick in den mediterranen Progressive Rock.

Kristian Selm



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