CD Kritik Progressive Newsletter Nr.18 (01/1998)
Finneus Gauge - More once more
(72:09, Cyclops, 1997)
Dass die mittlerweile begrabenen Echolyn wirklich eine Ausnahmeband waren, hat sich inzwischen wohl herumgesprochen. Da wäre es ja schade, wenn man von den beteiligten Musikern nie wieder etwas hören würde. Aber bei solchen Vollblutmusikern wäre das wohl ziemlich unwahrscheinlich. Und so taucht schon kurz nach Still die zweite Nachfolgeband auf der Bildfläche auf. Aber bei Still konnte man von einer Nachfolgeband ja nur insofern reden, als dass eben Musiker von Echolyn dabei waren. Musikalisch ging das Projekt ja doch in eine andere Richtung. Bei Finneus Gauge könnte das etwas anders werden, denn Echolyns Keyboarder und Hauptsongschreiber Chris Buzby führt hier Regie. Da ist die Spannung natürlich groß, aber natürlich auch die Erwartungen. Beim Hören der CD wird schnell klar, dass hier wesentlich mehr Echolyn-Elemente drinstecken, so z.B. die starke Komplexität, die typischen Keyboardsounds, der Gentle Giant-Einfluss (v.a. in den mehrstimmigen, "gegeneinanderlaufenden" Gesangspassagen) und manchmal auch der Klang der Gitarre. Andererseits hat sich auch einiges geändert bzw. ist dazugekommen. Da wäre zuerst einmal die gute Gesangsdarbietung von Laura Martin, die auch gut zur Musik passt. Dann das Bass-Spiel von Chris Eike, der es sowohl beim introvertierten Zupfen draufhat, aber auch öfters die Saiten slap-mäßig deftig-funkig knallen lässt. Und schließlich die Art, wie Scott McGill sehr oft die Gitarre jaulen lässt, nämlich in eindeutiger Alan Holdsworth-Manier. Man meint wirklich der Meister selbst gäbe sich ein Stelldichein. Dadurch, aber auch durch die Kompositionen, ist das Ganze wesentlich jazziger angehaucht als früher Echolyn. Auch UK grüßt in manchen Teilen. Anfangs war ich noch nicht von der Scheibe überzeugt, da man erfahrungsgemäß bei so anspruchsvoller Musik länger braucht, bis sich der Schleier der Orientierungslosigkeit hebt. Aber bei jedem Durchgang schälte sich mehr Struktur heraus, wurde es immer besser. Mittlerweile finde ich die Platte sehr gut, und meine, dass jeder eingefleischte Echolyn-Fan einmal Reinhören sollte, wenn es auch nicht ganz dasselbe, und vielleicht auch nicht ganz so genial wie die Vorgängerband ist. Aber ich hab's ja auch erst 10 mal genossen. Fragt mich doch noch mal nach dem 50. Mal.
El Supremo
© Progressive Newsletter 1998