CD Kritik Progressive Newsletter Nr.15 (06/1997)

Bondage Fruit - II
(54:21, Mabo, 1996)

Bondage Fruit die Zweite oder, um kurz und kernig den Inhalt dieser CD zu erläutern, zitiere ich die NDW-Heroen Spliff, die schon anno '82 behaupteten: "Da fliegt mir doch das Blech weg". Denn schlimmer geht's fast nimmer, wobei dieser Ausspruch im weitesten Sinne positiv verstanden werden sollte. War schon das bereits in PNL Nr.13 vorgestellte Debüt des Chaosorchesters aus Japan für den Großteil der Menschheit hart an, oder bereits jenseits der Schmerzgrenze, so setzen sie mit ihrem Nachfolger unglaublicherweise noch einen drauf. Die Veränderung, das kreative Experimentieren mit musikalischen Formen gehört beim Sextett aus dem fernen Osten zum Prinzip. Plärrende Gitarren und ein fürs olympische Boxturnier trainierender Schlagzeuger, dazu lautmalerisches Gesangsstakkato der beiden Damen geben dem Ohr völlig neue Höreindrücke. Besonders die Violine und Gitarre sorgen immer wieder für herbe Klangeskapaden. Allerlei schräge Akkorde und ein Sammelsurium von Eindrücken aus den Bereichen Avantgarde, Folk, Klassik, Progressive Rock und Ethno gehen auch des öfteren einen Schritt zu weit, so dass man wirklich noch Mühe hat, dem beeindruckend hypnotischen Klanggewitter zu folgen. Eingängige Melodien und inhaltliche Langeweile scheinen für Bondage Fruit absolute Fremdwörter zu sein. Wie bei der ersten CD dürfen auch diesmal wieder als grobe Vergleiche Magma und King Crimson, beide in verschärfter Form, herhalten. Anstatt Gentle Giant ist diesmal Frank Zappa und avantgardistische, neue Musik der fast schon unanhörbaren Machart zu Gast (Na, na! So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Siehe die neue Happy Family im nächsten Heft, Anm. El Supremo). Wem Happy Family oder Present nicht abgedreht genug ist, die letzte Anekdoten nur ein müdes Lächeln abringt und auch sonst nichts mehr Schocken kann, für den ist diese CD genau die richtige Medizin. Schmerz lass nach und gute Besserung!

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1997