CD Kritik Progressive Newsletter Nr.13 (03/1997)

Bondage Fruit - Bondage Fruit
(53:07, Isis Records, 1994)

Eines gleich vorweg: diese CD bietet ein bisher in dieser Zusammenstellung nicht gehörtes Spektakel, welches jedoch ein gehöriges Maß an Verständnis und Begeisterung für außergewöhnliche Klänge fordert. Wer sich dann in dieses abgedrehte Klanggewitter hineingehört hat, der bekommt wirklich eine Erweiterung seines musikalischen Verständnisses in voller Breitseite verpasst. Für viele wird diese geballte Brachialladung aber wahrscheinlich zu viel des Guten sein. Deswegen Vorsicht! Bondage Fruit stammen aus Japan, und sorgen schon mit der Instrumentierung Gitarre, Violine, Bass, Vibraphon und Percussion für eine ungewöhnliche Note. Als Sänger fungieren zwei weibliche, absolut beeindruckende Stimmvirtuosinnen, die nicht mit Sprache, sondern rein lautmalerisch die Musik unterstreichen. Aufgelockert durch Tempowechsel und ungerade Metren, bei Bedarf aber auch melancholischer Zurückgezogenheit, seien als grobe Orientierungspunkte Bands wie Magma, Gentle Giant oder King Crimson erwähnt, wobei Bondage Fruit noch eine Spur abgedrehter und hypnotischer daherkommen. Dazu eine gehörige Portion Jazz Rock, folkloristische Elemente aller Kulturen, wahnwitzige jederzeit gefühlvolle Soli an Geige, Gitarre, Vibraphon oder Marimba, die in virtuoser Abwechslung und leichtem bis schnellem Tempo münden. Das auf den ersten Blick scheinbare Durcheinander, driftet stellenweise schon jenseits der Hörbarkeit ab, löst sich aber doch immer wieder in Strukturen auf, die einem Halt geben. Auf der Spielwiese der musikalischen Phantasie werden lauter übermütige Purzelbäume geschlagen, die in dieser Intensität absolut begeistern können. Nie weiß man, was als nächstes folgt, wodurch Bondage Fruit einen ständig im Ungewissen lassen. Die Musik lässt sich auch nicht umgreifend einem Kulturkreis zuordnen, da hier alle Kontinente zu Wort kommen. Ein Meisterwerk für Spezialisten.

Kristian Selm



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