CD Kritik Progressive Newsletter Nr.13 (03/1997)

Lemur Voice - Insights
(56:59, Magna Carta, 1996)

Eigentlich war man aus den Niederlanden bisher nur Bands gewohnt, die in mediokeren Produktionen von SI Music verheizt wurden. Zum Glück ist damit in letzter Zeit Schluss (hoffentlich nicht nur weil SI Pleite gegangen ist) und die Tendenz hat sich total zum Positiven gewendet. Lieferten The Gathering mit "Mandylion" schon eine begeisternde Mischung aus Metal, Gothic und Prog ab, so hauen Lemur Voice deutlich vehementer in die reine Prog Metal Kerbe und lassen den neugierigen Hörer aufhorchen. Erstaunlicherweise sind die Holländer die erste außeramerikanische Band, die Magna Carta unter Vertrag genommen hat. Ihren Einstand feierten Sänger Gregoor van der Loo und Gitarrist Marcel Coenen bereits auf dem Rush Tribute Sampler "Working man", wo sie bei "Freewill" ihren Teil beisteuerten. Jedoch ist auch ihre eigene Musik keineswegs zu verachten und orientiert sich deutlich am musikalisch metalleneren Weg, der vor allem von den amerikanischen Kollegen Dream Theater vorbereitet und eingeschlagen wurde. Die immer mehr in Mode gekommene Vereinigung von Kunst- und Heavy-Rock wird von Lemur Voice durch mächtige, harmonisch kühne Akkordschläge und perfekten melodischen Hard Rock vollzogen. Peitschende Rhythmen, messerscharfe Saitenattacken bahnen sich ihren Weg, um desgleichen Raum für harmonische Melodiefolgen und ruhige Pianoklänge zu lassen. Es ist zwar schwierig einmal gesetzte Maßstäbe anderer Gruppen zu erreichen, aber letztendlich geht es doch nicht darum, neue musikalische Rekorde aufzustellen, sondern sollte noch immer die Hörbarkeit der Musik im Vordergrund stehen. Sicherlich verfallen auch Lemur Voice manchmal der Versuchung, besonders offensichtlich im instrumentalen "Akasha chronicles", zu viel zeigen zu wollen, doch hangeln sie sich recht elegant zwischen Tempo und Melodie entlang. Eine empfehlenswerte, variationsreiche Alternative zu den sonstigen Bands, die sich ebenfalls am Prog Metal versuchen, von Schnelligkeit geprägt sind und sich in möglichst vielen Breaks und instrumentaler Selbstgefälligkeit suhlen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1997