CD Kritik Progressive Newsletter Nr.11 (11/1996)
Scarab - Scarab / Live at Tavastia Club
(63:50, Ageness, 1983)
Bei Scarab handelt es sich um eine finnische Band, die als Vorgänger von Ageness fungierten, da mehrere Musiker dort später wieder zusammentrafen. Ursprünglich aus dem Jahre 1983 und nur als LP in Eigenproduktion vertrieben, nachdem die eigentliche Plattenfirma pleite ging, sah man sich vielen Rückfragen gezwungen, die damaligen Aufnahmen auch auf CD zu bannen. Doch damit nicht genug. Zusätzlich wurde auch noch ein Bonusstück und sechs unveröffentlichte Livestücke ausgegraben. Die fünf Skandinavier sind zwar mitnichten eine bloße Kopie von Ageness, doch klingen bestimmte Elemente, wie z.B. der markante Gesang von Tommy Eriksson unweigerlich durch. Bei einer durchschnittlichen Länge von etwas über vier Minuten bleibt natürlich klein Platz für ausschweifende und ausgedehnte Soloausflüge. Die Strukturen sind nicht ausufernd, sondern gerade auf den Punkt gebracht, vom Prinzip her sehr rockig und melodisch. Was jedoch Scarab sehr interessant macht, ist die Ergänzung durch Geiger Pasi Nora. Durch seinen Stil werden zum Teil Erinnerungen an Kansas geweckt. Die Arrangements klingen zeitgemäß, mit deutlicher Verwurzelung in den 70ern und dem progressivem Touch dieser Periode. Ebenfalls enthalten ist die ursprüngliche Version von "Asylum 32", welches sich später auf Ageness Debüt "Showing paces" wiederfand. Was jedoch im Gegensatz zu dieser Band bei Scarab fehlt, sind die bombastischen Elemente, dagegen ist auch mal Platz für ein bisschen Melancholie und Besinnlichkeit. Als wirkliche Überraschung entpuppt sich dann das Bonusmaterial. Vor allem die Livestücke, allesamt nicht als Studioversionen schon zuvor gehört, haben es in sich. Natürlich nicht ganz die Qualität des zuvor erklungenen erreichend, doch wesentlich schwungvoller und abwechslungsreicher. Mehr Druck, längere Lieder, weniger Gesang und wesentlich mehr Geige können überzeugen. Da stellt sich natürlich die berechtigte Frage, warum keines dieser Stücke den Weg auf das ursprüngliche Album gefunden hat. So ist dieser Zusammenschnitt zwar kein umwerfendes Meisterwerk, welches man unbedingt haben muss, doch insgesamt eine überdurchschnittliche Produktion. Ordentlich aufbereitet, mit ausreichend Bonusmaterial versehen, stimmt das Preis-Leistungsverhältnis allemal.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1996