Interview


(Progressive Newsletter Nr.64 02/09)
Ausschnitte eines Interviews mit Alexander Weyland (Gesang, Keyboards)


Seit 2004, nach der Veröffentlichung eurer EP „Hinaus“ gab es wiederum einige Umbesetzungen bei Traumhaus. Wie hast Du die letzten vier Jahre erlebt?

Die letzten drei Jahre waren für die Band sehr wechselhaft, man könnte sagen ein emotionales Auf und Ab. Letztendlich zählt jedoch das Ergebnis und das liegt euch nun in Form der neuen CD vor. Die neuen Kompositionen entstanden in diesem Zeitraum und hatten, auch bedingt durch diverse besetzungstechnische Rückschläge, Zeit zu reifen. In der jetzigen Besetzung wurde den Stücken auf jeden Fall noch der nötige Feinschliff verpasst. Auch die beiden Nummern „Hinaus“ und „Bleibe hier“, welche ja bereits Bestandteil der EP waren, wurden in der neuen Besetzung weiterentwickelt, einzelne Parts konkretisiert und klingen jetzt für meinen Geschmack „reifer“ als noch auf der EP.


Inwieweit haben die Besetzungswechsel auch die Band immer wieder zurückgeworfen?

Grundsätzlich ist es immer problematisch, wenn ein oder mehrere Mitglieder einer Band nicht mehr zur Verfügung stehen. Es kostet einfach unheimlich viel Zeit und Nerven, wenn man aber seiner Sache sicher ist und leidenschaftlich mit dem, was man tut, so verbunden ist, bleibt nur der Weg nach vorne. Und positiv betrachtet gäbe es die neue Platte ohne Wechsel gar nicht. Letzten Endes hatten die Wechsel aber zur Folge, dass sich die Veröffentlichung des neuen Albums immer wieder verzögert hat. Die Stücke bestanden zwar im Kern, da sie von mir komponiert wurden, mussten in der neuen Besetzung jedoch wieder neu eingeprobt werden. Um in unserer schnelllebigen Zeit nicht in Vergessenheit zu geraten, ist es wichtig, kontinuierlich am Ball zu bleiben und präsent zu sein. Bedingt durch die Besetzungswechsel war dies jedoch nicht möglich. Durch die zeitlichen, beruflichen und familiären Verpflichtungen der ehemaligen Bandmitglieder fehlte die nötige Kontinuität und führte letztendlich zu dem Entschluss, die Band personell zu verändern.


Wie gelingt euch die Balance aus Retro-Elementen und aktuellen Einflüssen bzw. ist dies eine ganz natürliche Entwicklung?

Für mich stellt sich natürlich erst einmal die Frage: „Was ist Retro“? Für mich gibt es nur Musik, die einem selbst gefällt oder nicht und dadurch ergibt sich keine Balance, sondern das Abbild des eigenen Geschmackes, bei dem man immer hofft, auf Menschen mit gleicher Ausrichtung zu treffen. Keiner kann sich gänzlich der Beeinflussung entziehen, aber darin liegt gerade der Reiz des Neuen. Eine wichtige Devise bleibt jedoch, den Blick über den Tellerrand zu bewahren. Entscheidend ist für mich, während dessen ich Stücke komponiere nicht in Rastern zu denken, sondern Stücke zu entwickeln, die authentisch sind. „Retroelemente“ sind für mich letzten Endes nichts weiter als Stilmittel, welche die Ausdrucksstärke eines Stückes hervorbringen und sollten daher auch nur als solche, nämlich songdienlich eingesetzt werden. Da unsere Stücke zum Teil viel Melancholie ausstrahlen, eignen sich die Sounds des Mellotrons für meinen Geschmack am besten, um diese melancholische Grundstimmung zu unterstreichen.


War der Titelsong „Die andere Seite“ von Anfang an als dreigeteiltes Werk geplant bzw. war dies auch die Entscheidung gegen einen einzelnen, rund 30-minütigen Song?

Es war selbstverständlich eine bewusste und rein kalkulierte Entscheidung gegen einen 30-minütigen Song! Da wir das Hitpotential der einzelnen Stücke gänzlich ausschöpfen wollten und wir aufgrund kommerzieller Aspekte natürlich darauf bedacht waren, möglichst viel Airplay auf den lokalen Radio- und Fernsehstationen zu bekommen, haben wir die Spielzeiten auf unter 11 Minuten reduziert... Nein, ist natürlich nur Spaß! Die Dreiteilung des Stückes resultiert aus seinem natürlichen Entwicklungsprozess. Da das Album als Konzept gedacht ist, werden die unterschiedlichen abstrahierten Motive im Verlauf des Albums wiederholt aufgegriffen. Es boten sich für mich zwei Optionen. Zum einen die Möglichkeit, „Die andere Seite“ als einheitliches Stück auf das Album zu packen. Dies bedeutete jedoch gleichzeitig auch, den thematischen Ausgang vorwegzunehmen. Die andere Option war es, in seiner thematischen Chronologie in das Gesamtkonzept einzubetten. Ich entschied mich für die letztere, die für mich schlüssigere, homogenere Variante.


Das Album wurde in einer relativ kurzen Zeit aufgenommen. War dies hauptsächlich ein Zeitproblem oder waren die Aufnahmen einfach nur gut vorbereitet?

Relative kurze Zeit ist...relativ, die Vorbereitungen liefen ab Anfang 2008. Die Stücke mussten zunächst in der neuen Formation neu eingeprobt und aufgrund des Besetzungswechsels neu umarrangiert werden. Dies bedeutete, dass die meisten Stücke recht intensiv geprobt wurden und uns daher als gute Ausgangsbasis für die daran anfolgenden Aufnahmen dienten. Die eigentlichen Aufnahmen begannen, wie man auch auf der CD lesen kann, im Juli und endeten im August. Lediglich die Drums wurden innerhalb von zwei Tagen eingespielt, leider mit etwas Pech verbunden. Das Studio in Diez war für drei Tage gebucht und der erste Tag lief gut an. 80% der Songs waren im Kasten, auf die Bitte, mal in die Takes reinzuhören, musste der Techniker leider eingestehen, dass die kompletten Drumtakes unwiderruflich verloren waren..... Also blieben für das Neueinspielen nur die restlichen zwei Tage, da Hans Jörg direkt nach dem Studiotermin nach Schweden musste. Die Drums wurden in Andernach vorgemischt und ich bearbeitete und mixte in meinem Studio die kompletten Songs. Gemastert hat die CD dann Hans Jörg Schmitz.


Die „Hinaus“ EP erschien auch, um auf die Suche nach einem geeigneten Label zu gehen. Gab es diesbezüglich irgendwelche Kontakte?

Durch die Besetzungswechsel lag ja manches im Argen, die neue CD ist bei superskunk music und bei "sAUsTARK records" der kleinen Firma von Hans Jörg gut untergebracht. So haben wir über alles Kontrolle und Entscheidungsfreiheit auf alles, was mit dem "Produkt" zu tun hat. Das heißt aber nicht, dass wir grundsätzlich etwas gegen einen guten Deal hätten ;) – „Die andere Seite“ gibt es u.a. über unsere Bandseite, bei Empire oder auch bei Just for Kicks. Wobei wir uns natürlich über jede direkte Unterstützung freuen. Nach getaner Arbeit, so denke ich, ist es ein erhebendes Gefühl vielleicht etwas geschaffen zu haben, mit dem man anderen Menschen, und sich selbst, viel Freude bereiten kann. In diesem Sinne: KAUFT diese Platte!!!!


Kristian Selm © Progressive Newsletter 2008