Interview
(Progressive Newsletter Nr.63 09/08)
Ausschnitte eines Interviews mit Matthias Harder (Schlagzeug) und Sebastian Harnack (Bass)
Matthias: Es war wahrlich ein Mammutprojekt! Wir wussten, dass es viel Arbeit werden würde. Immerhin hatten wir vor, mit einem eher niedrigen Budget eine groß angelegte und qualitativ hochwertige Live Produktion zu bewerkstelligen. Dass wir dann aber rund ein Jahr mit diesem Projekt zubringen würden, hat uns doch überrascht und kräftig an unseren Nerven gezehrt.
Sebastian: Wir hatten schon Monate vor der eigentlichen Show mit den Planungen angefangen. Matthias und unser Lichttechniker Matze haben die Bühne, das Licht und die Abläufe im Vorfeld geplant und entsprechend programmiert und vorbereitet. Die Koordination der Videotechnik lag dann in meinen Händen, und als wir am Samstag vor der Show ein Crewcall machten, standen wir vor knappen 40 involvierten Leuten, was in der Tat sehr beeindruckend war. Im Nachhinein würde ich sagen, dass uns keine wirklich unerwarteten Probleme begegnet sind, sondern wir uns einfach vorsichtig der Show genähert haben und alles anfallende systematisch und Stück für Stück abgearbeitet und Probleme gelöst haben.
Inwieweit stand für euch die Qualität und Präsentation der DVD im Vordergrund im Gegensatz zum finanziellen Aspekt?
Matthias: Bei uns steht immer die Qualität im Vordergrund. Das ist auch der Grund, warum wir in den letzten Jahren noch kein Live Album bzw. keine Live DVD veröffentlicht haben. So eine Produktion spielt in der Regel weniger Geld ein und kostet in der Produktion – solange man sie qualitativ hochwertig produziert – mehr als ein normales Studioalbum. Erst im letzten Jahr sahen wir uns in der Lage, ein DVD Projekt so durchzuführen, dass es auch unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden würde.
Klappte bei den Aufnahmen zur DVD am 1.September letzten Jahres alles beim ersten Mal oder musstet ihr auch etwas wiederholen bzw. später im Studio nachbearbeiten?
Matthias: Zum Glück hat die Show am Samstag beinahe reibungslos geklappt. Dennoch kommt eine so groß angelegte Produktion nicht ohne das ein oder andere Sicherheitsnetz aus!
Sebastian: Wir haben die Generalprobe am Freitag mitgefilmt, auch als Probe für die Kameraleute, so dass wir das Material als Ausweichmöglichkeit hatten. Diese Aufnahmen sind aber zu maximal 2% verwendet worden, da das Material von Samstag wirklich beeindruckend gut war. Auch beim Ton gab es Kleinigkeiten auszubessern, was wir dann nachträglich im Studio gemacht haben. Aber auch hier handelt es sich nicht um grobe Patzer oder Verspieler, sondern Kleinigkeiten. So habe ich zum Beispiel bei einem Einsatz vergessen, dass ich meinen Bass leise gedreht hatte. Solche Dinge und technische Fehler – plötzlich war ein Brummen auf einem Keyboardkanal für 5 Sekunden – haben wir dann im Nachhinein noch ausgemerzt.
Herrschte bei den Aufnahmen eine besondere Anspannung, dass man wirklich nichts falsch machen möchte, da ja jeder Fehler für die Nachwelt festgehalten wird?
Sebastian: Bei mir persönlich war es so, dass ich am Anfang des Sets sehr angespannt war. Aber ehrlich gesagt gar nicht so sehr deswegen, weil ich Angst hatte, mich zu verspielen oder dass ich auf Band nicht gut aussehe, sondern vielmehr, weil ich ständig im Kopf hatte, ob alle geplanten Details der Show funktionieren würden... All das waren Dinge, die mir und Matthias am meisten, aber sicher uns allen durch den Kopf gingen. Und natürlich wollten wir auch eine perfekte Show spielen, was uns – hoffe ich – gelungen ist. Und nach der Show gab's dann das verdiente Feierabendbier.
Matthias: Das kann ich nur bestätigen. Da wir so viel selbst organisiert, koordiniert und inszeniert hatten, war man mit seinen Gedanken oft an 100 Stellen gleichzeitig!

Warum habt ihr euch für unterschiedliche Inhalte zwischen der DVD „Posthumous silence – The show“ und der Doppel CD „Leaving Backstage“ entschieden?
Matthias: Das hatte in erster Linie finanzielle Gründe!
Sebastian: Der Schnitt der DVD, so wie sie jetzt im Laden steht, hat mit allem Digitalisieren, Konvertieren, Selektieren, Farbkorrigieren und Programmieren knappe 80 Tage gedauert. Man kann sich leicht ausrechnen, dass eine DVD von doppelter Länge auch die doppelte Zeit an Arbeit verschlungen hätte. Für uns im Moment noch: Unmachbar.
Hat sich seit dem Wechsel an der Gitarre etwas am Bandgefüge geändert bzw. wie wirkt sich dies im Zusammenspiel und Komponieren aus?
Sebastian: Die Band ist endlich wieder vollständig und komplett. Jan fügt sich schon fast erschreckend gut ins Sylvan Gefüge ein und passt hervorragend zu uns allen. Mit ihm haben wir – glaube ich – wirklich das Bandmitglied gefunden, das uns seit langer Zeit gefehlt hat.
Matthias: Seit einigen Jahren hatte sich Kay aus privaten Gründen immer weiter aus der Band zurückgezogen. Ein Umstand, der uns das Arbeiten erheblich erschwert hat. Mit Jan haben wir jetzt wieder einen Mann an der Gitarre, der darauf brennt, mit uns Musikgeschichte zu schreiben.
Gab es auch mal Überlegungen, mit zwei Gitarristen, so wie beim Mitschnitt der DVD, weiterzumachen?
Sebastian: Ehrlich gesagt nicht. Für die DVD war das eine einmalige Sache, die dort sehr gut passte, aber ich denke, dass das in der Praxis gerade im ProgRock ziemlich anstrengend werden kann. Musiker wissen, wovon ich rede...
Matthias: Es ist ja jetzt schon manches Mal unmöglich, fünf Leute unter einen Hut zu bringen. Jedes weitere Ego hätte zerstörerisches Potential!
Steht für euch schon fest, wie es nach den Aufnahmen von „Posthumous silence“ / „Presets“ und den zwei unterschiedlichen stilistischen Richtungen weitergeht?
Matthias: Das Einzige, was wir wissen ist, dass es weder ein Live Album noch ein Konzeptalbum sein wird. Alles andere wird sich ergeben.
Sebastian: Wir werden sowieso frühestens im nächsten Winter wieder ins Studio gehen.
Mittlerweile gibt es Sylvan 10 Jahre. Haben sich rückblickend eure Erwartungen erfüllt bzw. beurteilt ihr eure Entwicklung in dieser Zeit?
Matthias: Was unseren Ruf in der Art Rock Szene angeht, bin ich sehr glücklich. Es ist schon ein tolles Gefühl, zu den wichtigsten deutschen Vertretern dieses Genres gezählt zu werden. Auch künstlerisch bin ich sehr zufrieden, da wir uns, meiner Meinung nach, noch nie auf Erreichtem ausgeruht haben, sondern stetig versuchen, unsere Musik weiter zu entwickeln. Finanziell hingegen könnte es, bei all der Arbeit, die wir in diese Band stecken, durchaus besser um uns stehen!
Sebastian: Als ich klein war, war ich mir sicher, dass Musiker, die auf großen Bühnen stehen, reich und berühmt sind. Tja, so richtig hat sich also meine Erwartung nicht erfüllt. Aber – und das muss ich hier wirklich betonen – hat sich die Band stetig gesteigert. Wir haben immer größere Projekte bewältigt, immer schönere Musik gemacht, spielen mitunter vor immer mehr Leuten... und so entwickelt sich alles stetig weiter. Ich bin begeistert von dem, was wir erreicht haben, ohne mich darauf ausruhen zu wollen. Und in sofern werden wir alle weiter an Sylvan arbeiten, um dann zum 20. Geburtstag vielleicht doch endlich Ducati fahren zu können.
Kristian Selm © Progressive Newsletter 2008