Interview
(Progressive Newsletter Nr.40 06/02)
Ausschnitte des Interviews mit Karlheinz Wallner (Gitarre)
Überrascht wurden wir schon, obwohl wir ja ein wenig auf einen ähnlichen, ich sag mal "Achtungserfolg" wie damals bei Violect District gehofft hatten. Aber die Verkaufszahlen haben uns dann einerseits freudig überrascht, wie auch die Tatsache, wie die Leute unsere Musik aufgenommen haben. Klar, es gab einige - zum Glück wenige - Kritiker, die uns als reines Pink Floyd-Plagiat abgetan haben. Aber ich denke die meisten haben beim Hinhören gemerkt, dass wir zwar oft eine ähnliche Stimmung in den Songs tranportieren oder die Songs vom Arrangement her Pink Floyd ähneln, aber wir klauen nicht einfach nur plump PF-Songs. Wir haben eben PF in unserem musikalischen Werdegang sehr stark verinnerlicht. Das kann man beim Songwriting und Produzieren nicht einfach ausschalten.
Gab oder gibt es irgendwelche Länder, in denen ihr besonders gut angekommen seit und inwieweit hat sich dies auf Konzertanfragen aus dem Ausland niedergeschlagen?
Abgesehen von Deutschland, war das Feedback generell aus Europa und auch USA sehr positiv! Wir haben ja auch letztes Jahr schon im u.a. Spirit of 66 (B-Verviers) zweimal gespielt, in Holland, Schweden, etc. Und erst vor kurzem waren wir auf Mini Tour in Polen, wo wir sogar einen Radio Hit hatten. Und ganz aktuell sind wir sehr stolz darauf, dass "Trying to kiss the sun" nun auch in USA veröffentlicht wird, nachdem wir letztes Jahr schon eine Brasilien Veröffentlichung für "God has failed" abschließen konnten. Auch emails von den Niagara Fällen waren schon dabei. Das macht uns schon ein bisschen stolz und zeigt aber auch, dass auch unser Label Tempus Fugit ganze Arbeit leistet!

Um auf die Mini Tour nochmals zurückzukommen. Ihr wart zusammen mit Quidam in Polen auf einer kleinen Tour. Mit welchen Erfahrungen und Erlebnissen seit ihr von diesem Ausflug in den Osten zurückgekehrt?
Dass die Straßen dort sehr überholungsbedürftig sind! Nein, im Ernst, das war eine grandiose Erfahrung für uns! Die Konzerte waren sehr gut besucht und wir wurden auch überragend aufgenommen. Die Stimmung in den Konzerten war ebenfalls hervorragend! Unser Dank gilt hier vor allem Piotr von Rock-Serwis, der uns nach Polen geholt hat und alles bestens organisiert hatte. Das Publikum dort ist sehr fachkundig und vielleicht noch nicht so mit "Musik Konsum" überschüttet, wie das bei uns ist. Und es macht immer Spaß vor Publikum zu spielen, das mit der Musik mitgeht und auch noch textsicher ist! Die Städte, in denen wir spielten - Warschau, Poznan und Krakau - waren ebenfalls sehr beeindruckend! Wirklich eine großartige Erfahrung für uns! Auch Quidam ist übrigens eine sehr gute und sympathische Band, die sicherlich ihren Weg machen wird.
Für den April und Mai ist eine Tour zusammen mit Timothy Pure und nachfolgend mit Five Fifteen geplant. Was erwartet Ihr von dieser Tour und hattet ihr bereits Kontakt mit beiden Bands?
Das ist unsere erste RPWL-Live-Tour am Stück und wir hoffen natürlich, dass viele Leute kommen werden, um uns zu sehen. Wir haben uns auch sehr gut vorbereitet und werden auch die eine oder andere &Uuuml;berraschung im Gepäck haben. Wir wissen, dass die Leute nun einiges von uns live erwarten und wir haben uns einiges vorgenommen! Die Clubs, in denen wir spielen, genießen einen sehr guten Ruf und das Eclipsed-Magazin, mit dem wir zusammen die Tour organisieren, kniet sich auch mächtig rein. Kontakt mit den anderen Bands hatten wir schon und ich denke, daß wir sicherlich mit jedem Package ein tolles Konzert spielen werden!
Nun zu Eurem neuen Album "Trying to kiss the sun". Wie viel Zeit habt ihr für das Album benötigt und inwieweit gab von außerhalb einen Erwartungsdruck bzw. eine Erwartungshaltung, die Euch evtl. beeinflusste?
Die Herangehensweise war eine völlig andere als bei "God has failed". Hatten wir damals gewissermaßen Jahre Zeit, Songs zu entwickeln und schlussendlich "nur" noch aufzunehmen, gab es diesmal einen viel kleineren Zeitraum, in dem die Stücke geschrieben, geprobt und ausprobiert, aufgenommen und gemischt werden mussten. Konkret angefangen haben im Mai/Juni letzten Jahre. Da haben wir die meisten Songs aus den bestehenden Ideen entwickelt. Wobei jeder Songs so seine eigene Geschichte hat - nachzulesen übrigens auf unserer Homepage. Der eine ist auf der Akustik-Gitarre entstanden, die Text-Idee eines anderen wurde bei einem mehr oder weniger Band Frühstück entwickelt... Wir haben als Band eine sehr lange und intensive Zeit zusammen gehabt und als Ergebnis steht nun das fertige Album. Natürlich hat man da auch mal im Kopf, dass einem ein Song wie "Hole in the sky" nicht unbedingt jedes Jahr einfällt. Man denkt auch darüber nach, was den Leuten an "God has failed" gefallen hat oder was sie gestört hat, aber letztendlich haben wir das alles außen vor gelassen und uns nur noch auf die Musik und unsere Ideen konzentriert. Aus all diesen Gründen ist "Trying to kiss the sun" wohl persönlicher und vielleicht auch direkter geworden als "God has failed". Zumindest ist eine Entwicklung in unserer Musik geschehen und das denk ich, ist auch gut so!

"Trying to kiss the sun" hat zwar im Vergleich zum Debüt musikalisch einige Parallelen, insgesamt ist das Album meiner Ansicht nach wesentlich aber rockiger, stilistisch vielschichtiger geworden. Wolltet Ihr Euch damit etwas von der Last des Pink Floyd Vergleiches entfernen bzw. Euer eigenes Profil deutlich hörbar machen?
Das hängt einerseits mit eben dieser Arbeitsweise zusammen, daß wir viel intensiver an "Trying to kiss the sun"gearbeitet haben, andererseits auch daran, dass wir ja als Personen, jeder für sich und auch als Band eine gewisse Entwicklung erlebt haben. Man erlebt neue Dinge und Impressionen und schreibt deswegen dann auch andere Songs. Es kommen neue Musiker mit neuen Einflüssen hinzu und das alles prägt natürlich das Songwriting. Aber wir haben nicht versucht, bewußt oder "um jeden Preis" weniger nach Pink Floyd zu klingen. Wenn dem so ist, dann ist es einfach von selbst passiert, genauso wie die angesprochenen rockigen Elemente, die dazu gekommen sind.
Kommt es Eurer Musik ebenfalls zu Gute, dass ihr nicht unbedingt unter einem zeitlichen Kostendruck steht, da ihr es im eigenen Studio aufnehmen könnt?
Nun ja, das ganze hat Vor- und Nachteile. Der Nachteil ist, dass einem die Mehrbelastung des Schreibens, Arrangierens, Probens und andererseits des Aufnehmens und Produzierens manchmal einem - vor allem Yogi - schon mal über den Kopf zu wachsen droht. Der Vorteil ist logischerweise, dass man nicht unter solchem unmittelbaren Zeit- und Kostendruck steht wie andere Produktionen. Was allerdings nicht heißt, dass man sich endlos Zeit lassen kann. Aber viele Sessions und Improvisationen, z.T. die ganze Nacht über, wären anders nicht möglich gewesen. Wir haben eben viel Zeit dort zugebracht, fast wie in einer WG, haben dort ja auch teilweise übernachtet. Das alles hat die Songs erst zu dem gemacht, was sie sind!
Kristian Selm © Progressive Newsletter 2002