Interview


(Progressive Newsletter Nr.41 09/02)
Ausschnitte eines Interviews mit Oliver Strahl (Keyboards) und Kai Marckwordt (Gesang, Gitarre, Flöte, Saxophon)


Wie lange dauerten die Arbeiten an "Man of the moment" und inwieweit seit ihr mit dem Endresultat zufrieden?

Oliver: Prinzipiell haben wir mit den Aufnahmen zu "Man of the moment" im Jahre 1997 angefangen - damals sind wir ins Studio gegangen und haben nach der „Ciel Ouvert“ am Ende des Jahres 5 Stücke live aufgenommen, um einen besseren Eindruck von den Songs zu bekommen, den wir ihm Proberaum so nicht bekommen hätten. übrig geblieben sind davon 4 Stücke - „Permission“, „Feast“, „Closer contact“ und „Out of sight“ - das Stück „Moonwalk“ war nach unserer Meinung noch nicht ganz ausgereift - ging mehr so Richtung Dream Theater - und wird sicherlich auf dem nächsten Longplayer auftauchen. In den fast 5 Jahren hat sich in der Band viel getan - unser damaliger Gitarrist Jürgen wurde das zweite Mal Vater und verließ die Band. Ich fand das sehr schade - war er doch der Grund für mich diese Formation in der Konstellation ins Leben zu rufen. unser Bassist - ein weiteres Gründungsmitglied - verließ dann aus ähnlichen Gründen die Band. Hier spielten ebenfalls Zeitfaktoren eine Rolle, die unsere Art und Weise zu komponieren doch sehr beeinflusste. Er war mehr an der komplexeren Vorbereitung der Songideen und die der darauf folgenden Perfektionierung im Proberaum interessiert - der Rest der Crew eher an der Session und den daraus resultierenden Songideen.


Kannst Du kurz etwas über die einzelnen Songs - ihre Entstehungsgeschichte, Bedeutung, Textaussage - des Albums erzählen?

Oliver: Es ist schwierig für mich die einzelne Historie jedes Stücks noch so auf die Reihe zu bekommen - in den 5 Jahren war die Band mehr oder weniger aktiv und hat erst in den letzten 2 Jahren wieder Mut und Motivation bewiesen die bestehenden Songs so umzusetzen, wie sie auf dem Album zu hören sind. Die Bedeutung jedes einzelnen Songs für mich ist einfach zu erklären: Jeder Song ist ein Teil von Martigan - eine Collage der Musiker, die dort an einer Idee arbeiten und diese Elemente zu einem Song zusammenwachsen zu lassen. unser Sänger Kai Marckwordt übernimmt diese Stimmung in Inspiration in seinen Texten und verleiht den Stücken eine eigene Stimmung. Ich muss für mich selber zugeben, dass ich sehr musikorientiert bin und er sehr textorientiert - dementsprechend missioniert er mich des öfteren doch mehr auf seine Texte zu achten und diese in Akzenten auch in die Musik einfließen zu lassen. Letztlich hatte er Erfolg damit die ganze Band mit seinen Texten zu begeistern. Da sagt besser Kai was zu.
Kai: Plötzlich verschwindest Du in der Musik; sie ist nicht so besetzt. Du hast unverschämt viel Platz darin. und diese wundervolle Art von "Langeweile" lässt Dich laufen, lügen, schwelgen in Deiner nicht ganz knappen Fantasie. Du hoffst, Du könntest so schnell schreiben, wie Du da so vorteilhaft entkommst; dem, wovon Du jetzt singst, spinnst, träumst, malst oder denkst, das es nicht geeignet sei von einem Anderen verstanden zu werden. Also bleiben Szenen - wie unterm Stroboskop - mit Licht und Luft und Leidenschaft und Tinte... Das Löschblatt schießt ins Bild: "Wenn Du was sagen willst, schreib' ein Buch" (Anmerkung Oliver: Das sage ich immer, wenn er m.E. zu redundant wird ;-) Also springst Du einfach weiter - mit der Rücksicht, die ein Känguru auf einem welpenhaft schiefköpfig staunenden Europäer nimmt. Manchmal sind die Song aber auch so ehrlich, dass sie jeder für große Literatur hält - fälschlicherweise. und das macht einen Text interpretierenswert. Wie unter Geschwistern, wächst dann der Eine am Fortschritt des Anderen und umgekehrt. Manchmal scheint der Bildfluss so kantig, wie zur Jahrhundertwende. Aber alle Regungen sind rund - und immer gewesen. und da haucht - elfengleich - an Lianen, Lüstern, Laserschaukeln Martigan ins Comic - bleibt neben mir stehen und wird seitdem mit mir verwechselt - oder Ihr mit uns - oder Sie mit Ihm.


Eure Songs wirken sehr kompakt und trotz einiger Wechsel und Soli innerhalb eines Songs keineswegs nach Stückwerk. Wie gelingt es euch die musikalische Balance zu halten?

Oliver: Wie in jeder Band gibt’s auch bei uns die Träumer, die Kreativen und die Realisten. Die Kombination der drei Kategorien ist ein Garant dafür, dass unsere Musik abwechslungsreich, aber nicht unbedingt im ersten Moment gefällig ist. Wir möchten vermeiden ein Patchwork von Ideen zu produzieren und mit zweifelhaften übergängen zu einem Song zusammenzunähen. Jeder Song soll ein Bild ergeben und eine gewisse Homogenität entwickeln - wenn auch vielleicht erst nach dem 3. Mal hören. Manche Progressive Rock Hörer definieren uns im Symphonic Rock - damit habe ich kein Problem - sind Symphonien doch auch Songs mit verschiedenen referenzzierenden Parts, die am Ende ein Ganzes ergeben.


Wie beurteilt ihr selbst eure musikalische Weiterentwicklung seit dem letzten Longplayer "Ciel ouvert"?

Oliver: Die musikalische Weiterentwicklung ist einerseits personengetrieben - aber auch aus dem Sachverhalt, dass wir insgesamt jeder 5 Jahre älter geworden sind und sich in unseren Lebensumständen hier und da Dinge ergeben haben, die die Lebensanschauung verändert haben - hier sehe ich die Weiterentwicklung von Martigan in eine "erwachsene" Musik mit trotzdem noch verspielten Elementen. Die „Ciel Ouvert“ erachte ich nach wie vor als ein sehr geiles Album. Du solltest mal unsere CD „Stolzenbach“ hören - hier wirst Du Parallelen zu Genesis finden - auch soundlich! Aber ernsthaft - die „Ciel Ouvert“ ist sicherlich etwas kälter und das erste echte Album von Martigan. Die CD „Stolzenbach“ - benannt nach dem Standort unseres damaligen Proberaums - war eine Scheibe, die wir mit zwei DAT Recordern im Proberaum gemacht haben. Die schönsten Stücke sind auch teils auf der „Ciel Ouvert“ oder abgeändert auf der „Man of the moment“ wieder aufgetaucht. Mal sehen, welches wir für das nächste Album noch rekrutieren ;-)


Woher kam die Idee mit Mirko Bäumer einen zweiten Sänger zu engagieren?

Oliver: Wir kennen Mirko Bäumer schon sehr, sehr lange - irgendwann war es einfach mal fällig den Sänger der Coverband Mayqueen mit seinem doch sehr Freddy Mercury ähnlichen Sound in unsere Musik zu implementieren. ursprünglich sollte er meine Falsette Stimmen im Background verstärken - daraus wurde im Studio mehr. Das Resultat lässt sich meines Erachtens hören. Da er aber sehr ausgebucht ist, sehe ich erblich gesagt schwarz ihn auf unseren Live Konzerten regelmäßig zu verpflichten. Durch die Arbeit mit Mirko wurde bei Martigan in Abstimmung mit unserem Sänger Kai jedoch der Bedarf geweckt weiterhin mit einer anderen Klangfarbe als Stimme zu arbeiten - dementsprechend suchen wir jetzt jemanden, der diese Rolle übernehmen kann.... kennst Du jemanden im Köln Bonner Raum?


Plant ihr für die nächste Zeit auch wieder Liveauftritte?

Oliver: Ohhhh jaaa. unser letzter richtiger pfundiger Liveauftritt war die CD Präsentation der „Ciel Ouvert“ in der Live Music Hall in Köln mit dem darauf folgendem Supportgig vor Saga knapp zwei Monate später. Danach folgten ein paar Klubgigs - und dann zog es uns wieder in den Proberaum und ins Studio. Ich persönlich kann es kaum erwarten wieder auf den Brettern zu stehen - und den Jungs geht’s mittlerweile auch so. Wir spielen gerade unser neues Programm "rund" und kämpfen mit den kleinen Songadditionen, die im Studio entstanden sind. Ich selber lasse mir gerade einen 3. Arm annähen und unser Sänger hat einen Bauchladen von Instrumenten um sich hängen, um diese Additionen selbstverständlich auch live zu performen. Versprochen - wir kommen wieder live und das bis Ende des Jahres. Einfach auf unserer Web-Page schauen und sich in Konzertverteiler und / oder Gästebuch eintragen: www.martigan.de


Kristian Selm © Progressive Newsletter 2002