Interview


(Progressive Newsletter Nr.57 11/06)
Ausschnitte eines Interviews mit Flo Baum(Gesang, Gitarre)


Wie habt ihr euch als Band gefunden und wie kam es zu dem „Konglomerat“ aus deutschen und österreichischen Musikern?

Ich habe von 2003-2005 in Wien gelebt - bin ursprünglich aus dem Frankfurter Raum - und hatte mein Album "Vale" schon so gut wie fertig produziert. In Wien hatte ich mir dann vorgenommen, Schlagzeuger un Gitarristen vor Ort zu suchen, da ich in Frankfurt bereits Bassisten und Keyboarder hatte, mit denen ich Fuoco unbedingt auf die Beine stellen wollte. Die Persönlichkeitsfrage hat hier natürlich ne große Rolle gespielt - ansonsten ist diese Kombi Wien/Frankfurt für eine Band ja eigentlich völliger Quatsch! Letztendlich hab ich dann über verschiedene Ecken die beiden Wiener Jungs kennen gelernt und nach 2 Proben zu dritt waren wir uns alle sicher: THAT'S IT! Das war im September 2004. Für November hatten wir dann einen Gig in meiner Heimatstadt Friedrichsdorf geplant. 2 Tage vor dem Gig haben wir uns dann zum ersten Mal als komplette Band getroffen und geprobt. 2 tage später den Gig gespielt. Total bescheuert eigentlich, aber irgendwie war ich mir sicher das das alles hinhaut. Was dann Gott sei Dank auch so passiert ist.


Wer sind eure musikalische Vorbilder und wie würdet ihr eure Musik jemanden beschreiben, der euch nicht kennt?

Musikalisch basierend auf räudiger Stromgitarre und Soundelementen der Orgel und Synthesizer, die in ihrer Intensität und Emotion eine ehrliche und bodenständige Klangkultur zum Vorbild haben. Betörende Sound- und Klanglandschaften mit freier Fahrt ins All, die im nächsten Moment an brachiale Gitarrenwände prallen und bewusst Kontroversen schüren. Wir kommen musikalisch aus recht verschiedenen Gegenden. Das geht durch den kompletten Musik-Garten. Ich für meinen Teil höre fast ausschließlich Sachen aus den 60ern/70ern. The Doors, Emerson Lake & Palmer, Yes, Can, Grand Funk Railroad, Pink Floyd natürlich. Ich finde die "Vorbilder-Frage" immer ziemlich schwierig. Alle diese Bands haben großartige Musik gemacht und inspirieren mich dazu Musik zu machen. Allerdings sind sie für mich keine Vorbilder denen ich nacheifere, denn ich möchte ja nicht so sein wie sie. Diese Bands sind mehr ein Ansporn für mich als ein Vorbild.


Auf eurer Website gibt es ausschließlich begeisterte Kritiken zu lesen. Macht euch das nicht selbst Angst, dass ihr so gut ankommt bzw. welcher Kritik musstet ihr euch bisher stellen?

Wieso sollte es beängstigend sein, dass man gut ankommt? Es gibt doch nichts was eine Band mehr bestätigt in dem was sie tut, als ein Lob! Ok, Angst hätte ich, wenn plötzlich die BRAVO eine Doppelseite über uns schreiben will und eine Fotostrecke mit uns plant... Aber ganz im Ernst: Kritik ist wichtig, darf mich als Musiker aber nicht beeinflussen. Es ist gut Feedback zu bekommen, was die Leute von deiner Musik halten, aber es darf mich nicht lenken oder in meinem kreativen Arbeiten beeinflussen. Deshalb versuche ich das ganze so objektiv wie möglich zu behandeln und frage meinerseits nicht unbedingt nach Kritik. z.B. würde ich nie nach einem Konzert fragen: "Und, wie fandest du's?" Ich möchte mich nicht beeinflussen lassen. Sicherlich eine Art Selbstschutz, aber den braucht man heutzutage in meinen Augen als Musiker. Du präsentierst dich permanent, sei es auf der Bühne oder sei es auf deiner CD und JEDER hat eine Meinung dazu. Wenn man jetzt versucht auf JEDE dieser Meinungen rücksicht zu nehmen, bürdet man sich selbst so eine große Last auf, die mich blockiert und kreativ lahm legt. Deshalb versuche ich auch Kritiken nicht so stark zu bewerten. Natürlich freue ich mich über jede Gute, aber manche finden dass was du machst eben auch mal scheiße. Damit muss man rechnen. Vor allem wenn die Musik so "sprunghaft" ist wie bei uns.



„A travelogue“ erschien bereits im April dieses Jahr. Welches Feedback gab es bisher und wie viele Exemplare konntet ihr vom Album verkaufen?

Das Feedback ist generell sehr gut. Aber bietet natürlich auch, mit dem ersten Album im Nacken, eine Angriffsfläche. So werden natürlich immer wieder "Alt & Neu" verglichen. Klar gibt's da auch den ein oder anderen, der "Vale" besser findet. Momentan laufen beide Alben noch im Eigenvertrieb, also über unsere Website und auf Konzerten zu erhalten. Momentan liegen wir wohl so bei 300 verkauften Alben, was wirklich ok ist, da wir seit April leider sehr wenig live gespielt haben. Momentan tut sich aber was in Sachen Label und Vertrieb. Somit bin ich ganz optimistisch, das wir noch ein paar Einheiten verkaufen.


Ist es für euch von Nutzen, dass eure Mitglieder aus zwei Ländern kommen und ihr somit Kontakte in beide Länder für Auftritte usw. bestehen?

Auf jeden Fall! In dieser Hinsicht kann man so 2 Netzwerke in D und Ö aufbauen, bzw nutzen. Das hat uns auch schon den ein oder anderen Gig beschert.


Wenn man sich die Termine auf eurer Website anschaut, so seit ihr auf dem Livesektor recht aktiv. Wie schwierig gestaltet es für eine Band wie euch, mit doch nicht gerade alltäglicher Musik, an Auftritte heranzukommen?

Überraschender Weise ganz gut. Wir werden häufiger angefragt, als das wir selber anfragen. Ich habe das Gefühl, das viele Leute momentan die Stagnation der Musiklandschaft ähnlich empfinden wie wir, und gerne mehr von einem Konzert hätten als nur ein kollektives Massenerlebnis mit "Arme schwenken rechts links - Hurra". Vor allem habe ich beobachtet das die momentane Generation zwisch 18-25 Jahren wieder vermehrt Werte in der Musik sucht. Sich auch nicht scheut mit Musik zu beschäftigen um sie zu verstehen, komplexere Songstrukturen interessant und auch herrausfordernd findet. Viele gehen im Rad der Zeit zurück und begeistern sich für Musik der späten 60iger/frühen 70ern. Das finde ich einen sehr positiven Nebeneffekt der so oft verpönten Retro-Welle.


Kristian Selm © Progressive Newsletter 2006