Interview
(Progressive Newsletter Nr.34 02/01)
Ausschnitte eines Interviews mit Markus Erren (Bass)
Als wir uns vor gut zwölf Jahren zusammenfanden, hat sich eigentlich niemand aus der Band groß über solche Sachen Gedanken gemacht. Während wir nach einem Namen suchten, lief die Monty Python-Serie gerade im holländischen Fernsehen - das man bei uns in der Gegend in hervorragender Qualität empfangen kann - und als wir dort den Namen Flying Circus hörten, fanden wir ihn einfach gut: Er klingt hervorragend, vermittelt eine gewisse Energie, und sicherlich gibt es Schlimmeres, als mit der wirklich genialen Monty Python-Truppe in Verbindung gebracht zu werden - zumal viele unserer musikalischen Einflüsse ja tatsächlich in der Entstehungszeit der Serie liegen. Insofern: Gewollt war die Verbindung nicht unbedingt, aber sie passt!
Wie entwickelte sich eure eigene Ausrichtung weg vom Hard Rock hin in progressivere Gefilde?
Wenn man beginnt, Musik zu machen, kann man natürlich nicht direkt 'Close to the edge' spielen, und letztlich wollen das mit 15-20 Jahren wohl auch die Wenigsten. Am Anfang war es einfach ein super Gefühl, wenn wir ein Stück wie 'Whole lotta love' überhaupt mal auf einer Bühne spielen konnten. Solche Hard Rock-Klassiker kommen ja immer noch bei sehr vielen Leuten verdammt gut an. Klar, dass unsere ersten Eigenkompositionen in eine ähnliche Richtung gingen. Irgendwann reicht einem das aber nicht mehr. Zum 50. Mal 'Born to be wild' zu spielen, ist einfach langweilig. Daher haben wir eigentlich recht schnell damit begonnen, auch komplexere Stücke zu covern und selbst zu schreiben. 'Never again', das längste Stück auf unserem ersten Album - gut 11 Minuten - ist zum Beispiel schon ziemlich alt. Der Weg von progressiveren Led Zeppelin-Stücken wie 'Achilles last stand' - das wir auch mal gecovert haben - hin zu lupenreinem Prog-Rock ist ja auch wirklich nicht mehr weit. Insofern war die Entwicklung sicher schon sehr früh angelegt. Der letztlich entscheidende Schritt war dann allerdings der Eintritt von mir, weil ich der erste von uns war, der sich wirklich eingehend mit Prog-Rock beschäftigt hatte. Erst mit mir entwickelte sich Flying Circus zu der Band, die sie heute ist, weil ich einen großen Teil an Ideen für unsere Songs liefert. Mittlerweile sind allerdings bei allen Bandmitgliedern die musikalischen Einflüsse vielfältiger geworden, und so war die Entwicklung, die wir genommen haben, sicher zwangsläufig - auch wenn allen das Hard Rock-Element nach wie vor sehr wichtig ist!

Spielt Ihr auch heute noch live einige Coverversionen oder inzwischen ausschließlich eigenes Material?
Eine ganze Zeit lang haben wir eigentlich gar nichts mehr gecovert. Seit wir neulich bei uns in Grevenbroich allerdings bei einem eher Party-mäßäßigen Konzert mal wieder etwas mehr Fremdmaterial gespielt haben, überlegen wir, so was mal wieder häufiger zu tun, wenn der Anlass es zulässt. Mal der ein oder andere Song im Zugabenteil ist ja eigentlich ganz witzig. Vor allem, wenn man etwas bringt, das das Publikum nicht unbedingt erwartet. Bei besagtem Konzert in Grevenbroich konnten es einige Leute im Publikum erst mal gar nicht fassen, dass wir tatsächlich 'Breaking the law' von Judas Priest gespielt haben...
In wie weit ist für Euch wichtig, dass die Musik, die Texte und auch die grafische Gestaltung Eurer CDs eine Einheit bilden?
Bei unserer ersten CD wollten wir zuerst eigentlich nur ein schönes Bild für das Cover haben und Schluss. Als wir dann aber bei Lorenz, unserem Gitarristen und Illustrator, eins seiner Werke dafür aussuchen wollten, hingen da so viele Sachen an den Wänden, die zu unserer Musik passten, dass wir uns einfach nicht entscheiden konnten: "Hey, das Bild passt ja optimal zu 'The Jewel City'! Das nehmen wir." "Unsinn! Genau so ein Bild wie das da drüben hatte ich im Kopf, als ich den Text zu 'Never again' geschrieben habe." usw. Schließlich endete es damit, dass wir jedem einzelnen Stück ein Bild gönnen wollten und Lorenz noch zwei Bilder speziell auf die jeweiligen Songs malen musste. Und wenn man dann beim ersten Mal so ein Ergebnis in der Hand hält, will man beim zweiten Mal natürlich etwas mindestens ebenso Schönes abliefern - auch wenn das bei 'Out of the waste land' unheimlich viel Arbeit bedeutet hat, weil Lorenz diesmal fast alle Bilder auf die Songtexte zuschneidern musste. Und letztlich lohnt es sich ja auch: Es macht einfach Spaß, die CD-Booklets in die Hand zu nehmen und verleiht auch der Musik noch eine ganz andere Dimension.
Ist es Absicht oder gehört es ebenfalls zum Konzept, dass ihr auch klanglich etwas angestaubt klingt?
Es gab mal eine Zeit, da hätte man vor allem unserem Sänger kein größeres Kompliment machen können als zu sagen, dass unsere CDs klingen wie verschollene Aufnahmen aus den 70ern, die wieder aufgetaucht sind. Ganz so extrem sehen wir das zwar nicht mehr, aber letztlich ist unser altmodischer Sound immer noch durchaus gewollt, ja. Ob man das 'Konzept' nennen kann? Keine Ahnung, aber der Sound passt einfach hervorragend zur Musik, und völlig steriles Zeugs kann sich aus der Band auch kaum jemand anhören. Was andererseits Bands wie Spock's Beard, The Tea Party oder Porcupine Tree aus einer Kombination von 70er-Sounds mit moderner Produktionstechnik machen, ist allerdings schon verdammt beeindruckend...

Auf Eurer Homepage habt ihr eine Hitliste geführt, mit wem ihr am öftesten verglichen werdet. Auf den ersten Plätzen liegen Led Zeppelin, Rush und Uriah Heep. Wo seht ihr euch selbst, und habt ihr inzwischen herausgefunden, was sich von den ebenfalls als Vergleiche angeführten Steve Hillage und Frumpy in eurer Musik wiederfindet?
Mit den ganzen Vergleichen können wir sehr gut leben. Led Zeppelin ist schließlich immer noch eine der angesehensten Bands des Planeten und definitiv ein Einfluss auf fast alle von uns. Und bei Vergleichen zu Rush, vor allem der frühen Phase, landet man ja fast zwangsläufig, wenn man 70ies-Hard Rock und Prog Rock kombiniert. Außerdem ist die Stimme unseres Sängers der von Geddy Lee ja wirklich nicht unähnlich - auch wenn Michael den ebenfalls oft geäußerten Vergleich mit Plant lieber hört. Die meisten anderen Vergleiche - Heep, Yes, Pink Floyd, Rainbow usw. - lassen sich eigentlich auch alle erklären, aber Steve Hillage und Frumpy? Keine Ahnung, wo da genau die Gemeinsamkeiten liegen. Aber dass so viele verschiedene Vergleiche gezogen werden, zeigt doch, dass wir auf dem richtigen Weg zu einer ziemlich eigenständigen Sache sind, oder?
Mit "Let there be more light" seid ihr ebenfalls auf dem Pink Floyd Sampler "Signs of life" vertreten. Warum gerade dieser Titel und wer hat Euch gefragt, ob ihr mitmachen wollt?
Gefragt hat uns Uwe Göller als Initiator der ganzen Sache höchstpersönlich, nachdem wir mit "Supersonic Man" schon auf einem der ersten Eclipsed-Sampler vertreten waren. Wir einigten uns Band-intern dann relativ schnell auf "Let there be more light", da wir der Meinung waren, bei diesem Stück - im Gegensatz zu bekannteren Sachen wie "Echoes", "Shine on ..." oder "Time" - noch relativ viele Freiheiten in puncto Arrangement etc. zu haben. Das Stück ist eher eins der oft übersehenen Juwelen aus der frühen Phase, mit denen man meistens noch sehr viel mehr anstellen kann als mit späteren Werken. Dennoch muss man sich einem solchen Stück natürlich mit einer gewissen Ehrfurcht nähern, und so orientiert sich die 1. Hälfte unserer Version noch relativ nah am Orginal, während wir anschließend unseren Ideen freien Lauf ließen und versucht haben, damit etwas Neues zu schaffen. Mit einem bloßen Nachspielen wollten wir uns auch hier schlicht und einfach nicht begnügen - genau wie damals bei unserer Entwicklung weg von der reinen Hard-Rock-Coverband...
Kristian Selm © Progressive Newsletter 2001