Interview
(Progressive Newsletter Nr.18 01/98)
Auszüge aus einem Interview mit Andy Thommen (Bass)
Wir waren nach den Aufnahmen von "More grains of sand", die wir in Italien gemacht haben, ziemlich kaputt! Wir hatten acht Wochen im Studio verbracht und dies dreischichtig; von 9 bis 17, von 17 bis 1 und von 1 bis 9 Uhr! Wir hatten mit drei Tontechnikern gearbeitet und dies nur für die Aufnahmen. Dann mußten wir noch nach Zürich für den Mix. Danach kam Promotion und eine Mini-Tour, aber nur in der Schweiz und Norditalien. Zu diesem Zeitpunkt mußten wir unbedingt eine Pause einlegen. Während dieser Zeit habe ich geheiratet, Pietro ist zweimal hintereinander Vater geworden und Phil ist auch Vater geworden. Wir waren also auch privat sehr beschäftigt. Dann kam im Herbst des gleichen Jahres die Offerte mit Arena auf Tour zu gehen. Da Phil und Pietro wirklich nicht konnten, haben wir Gigio Pedruzzi und Ivo Bernasconi für die Tour engangiert. Leider fiel dann die Arena Tournee ins Wasser und wir haben nur fünf oder sechs Konzerte geben können. Im Frühjahr 1996, schon mit Marco an der Gitarre, haben wir auch einen Bonus-Track, "For her eyes" in einer akustischen Version, für die japansiche Ausgabe von "More grains of sand" aufgenommen.
Wie kam es zur Trennung von Lele Hofmann und wie wurde Marco Cerulli gefunden?
Lele kam Anfang 1996 zu uns und sagte einfach, er wolle die Band verlassen, um eigenen Projekten nachzugehen. Während dieser Zeit arbeitete Marco schon mit Phil an einigen externen Projekten. Wir kannten Marco schon von "Hologram" Zeiten als großen Fan und zeitweise auch als Roadie bei den ersten Konzerten in der Schweiz. Wir haben einmal mit ihm geprobt und dann war er dabei. Wir haben also keine anderen Gitarristen getestet.

Beschreibe doch bitte inhaltlich kurz, die einzelnen Lieder des "Fears" Albums.
Es ist unser drittes Konzeptalbum. Wie bei unserem ersten beiden Alben, handelt es sich auch hier nicht um eine Geschichte, sondern um eine Sammlung von Gefühlen und / oder Geschehnissen einer bestimmten Lebensphase. "Fears" sind die Ängste unserer Jugend, die Schwierigkeiten der jungen Studenten, die Zerbrechlichkeit der Pubertät usw. "Soaked" schildert einen Alptraum der in den Nächten eines Jungen immer wieder auftaucht; er springt von einem Felsen ins Wasser und nach dem großen Platsch... Licht von überall... wo ist die Oberfläche?... in welche Richtung muß ich nun schwimmen, um wieder nach oben zu kommen?.... Und da wacht man dann meistens schweißgebadet in seinem Bett, mitten in der Nacht auf! "The nineteenth hole" ist die wahre Geschichte eines Klassenkameraden der mit 16 an Leukämie stirbt! "The cloister" ist die sinnliche Beschreibung eines Innenhofes des Collegio Papio in Ascona in der Schweiz, ein sehr strenges, von Pfarrern geleitetes Internat. Außer Alu, unserem Sänger; haben wir alle - auch Lele, unserer ehemaliger Gitarrist - dieses Internat besucht. "The age of glass" beschreibt die Zerbrechlichekit der Kindheit. "Fears" ist eine Diskussion über das Konzept "das unendliche Leben". Den Ausdruck "unendlich" finde ich furchterregend. Alles was bis in alle Ewigkeit dauert, muß irgendwann zur Hölle werden. Jedes Mal wenn ich vom Tod höre, denke ich an den christlichen Glauben des unendlichen Lebens, und da muß ich nur denken: im Leben gibt es immer eine Ende - den Tod. Nach dem Tod gibt es kein Ende mehr!
Die Progressive Rock Szene ist ja eigentlich nur eine Randerscheinung in der gesamten Musikszene. Genießt ihr es ein Teil dieser Underground Szene zu sein oder hättet ihr lieber höhere Verkaufszahlen und einen größeren Bekanntheitsgrad?
Höhere Verkaufszahlen könnten nie schaden, aber wir sind doch happy in diesem Underground zu sein. Seit wir die Progressive Rock Szene entdeckt haben, können wir endlich wieder Platten kaufen, ohne immer zwei bis drei Jahre auf die neue Peter Gabriel, Sting oder Phil Collins zu warten, denn das waren die wenigen Sachen, die man eigentlich noch kaufen konnte, obwohl wir die heute nicht mehr kaufen!
Kristian Selm © Progressive Newsletter 1998