Interview
(Progressive Newsletter Nr.58 02/07)
Ausschnitte eines Interviews mit Philipp Griffiths (Gesang)
Wir hatten nach „A different point of you“ das Gefühl, fürs Erste mit dem Thema Bombastrock abgeschlossen zu haben. Wir wollten etwas Neues schaffen - kein „ADPOY II - The Return“ - sondern ein neues Konzept, das zwar unseren Hang für einprägsame Melodien widerspiegelt, aber auch den "Rumms" aufweist, der in unseren letzten Produktionen etwas verloren ging. „Back to the basics“ beschreibt das ganz gut; wir haben Songs geschrieben, die die Band und nicht das Arrangement in den Vordergrund stellen: kaum Overdubs, nur Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboard – meistens Rhodes, Orgel oder Piano – und Gesang: BASTA! Keine Flächen, Gitarrenoverduborgien wie bei „ADPOY“ und Chorgesangspassagen. Wir wollten die Arrangements reduzieren und so den Song stärken. „Basically make it rock“ gab die Marschrichtung vor: reduzierte Arrangements und rockige Songs; so sind wir ans Komponieren gegangen. Diese Phase war sehr produktiv und die Songs haben uns schon in der Demophase sehr gut gefallen.
Inwieweit hatte der Wechsel an der Gitarre von Matthias Richter zu Matthias Wurm Auswirkungen auf euren Stil bzw. die Arbeitsweise?
Viele Songs waren schon fertig geschrieben als Matthias Wurm einstieg...obwohl uns das sicherlich keiner glauben wird. Matthias kommt ganz klar aus dem Prog Metal, ohne jedoch die Klischees des Genres zu bedienen. Er liebt erdige und direkte Sounds und versteckt die Gitarre nur sehr ungern hinter Effektwänden - das kam uns gerade Recht! Er hat mit seiner wuchtigen und songdienlichen Art zu spielen den Gesamtsound sehr beeinflusst.
Eure Songs bewegen sich fast ausschließlich im 3-4 minütigen Bereich. Ist es für euch wichtig, bei den Songs auf den Punkt zu kommen und sich nicht in endlosen Soloparts zu verlieren, oder was waren die Gründe für diesen eher songdienlichen Ansatz auf dem aktuellen Album?
Sicher. Man plant das ja nicht wirklich. Die Songs waren nach 4 Minuten einfach fertig: warum sollte man dann noch auf Teufel komm raus einen fremden Part einbauen? Die Songs sind nach wie vor komplex und vielschichtig, da gibt es in knapp 4 Minuten viel zu entdecken.
Wollt ihr mit eurem leicht veränderten Ansatz ein breiteres Publikum ansprechen oder ist es eher ein Zufall, dass dieses Mal weniger progressive Zutaten als auf den Vorgängeralben enthalten sind?
Nein. Man kann kein Zielpublikum im Kopf haben, wenn man Songs schreibt: das geht immer schief. Zuerst einmal müssen UNS die Songs gefallen - sonst kann man doch gar nicht wirklich hinter der eigenen Musik stehen. Und: "progressiv" auf Songlänge und Taktwechsel zu reduzieren, macht nicht wirklich Sinn. Für mich ist „In focus“ ein progressives Album, da es für uns eine Entwicklung darstellt und eben nicht mit verstaubten Progklischees aufwartet.

Auf „Enlighten them“ gibt es ein Wiederhören mit dem Akkordeon, einem nicht gerade alltäglichen Instrument im Rockkontext. Was waren die Gründe dafür, auch dieses Mal mit dieser etwas anderen Klangfarbe das Album aufzulockern?
Der Song verlangte geradezu nach diesem Instrument. Wir lieben es, mit "ungewöhnlichen" Instrumenten rumzuspielen, und bei „Enlighten them“ hat es einfach sehr gut gepasst. Vytas hat ja mit dem Akkordeon seine "Musikkarriere" begonnen, und er genießt es, das Instrument in unsere Songstrukturen zu integrieren. Es ist für uns wichtig, ungewöhnliche "Farbtupfer" in unsere Musik einzubringen: mein "Zweitinstrument" - nach meinem Gesang - ist ja das Didgeridoo, und ich bin sehr froh, dass wir auch dieses tolle Instrument sinnvoll unterbringen konnten, im Song „Rhodesian Rhapsody“.
Wie viel konnte klanglich durch den Mix und das Mastering in den HOFA Studios aus euren Songs herausgeholt werden?
Das hat sich 1000-fach gelohnt! Die HOFA-Studios haben wirklich alles aus unseren Aufnahmen herausgekitzelt. Wenn man - wie auf „In focus“ geschehen - die Instrumentierung reduziert, dann müssen die einzelnen Tracks und der Gesamtmix natürlich umso besser klingen. Oft wird ja versucht, durch Overdubs und Flächen eine Größe und Soundqualität zu suggerieren, die eigentlich gar nicht vorhanden ist. Diese Illusion wollten wir ja explizit vermeiden. Die HOFA-Jungs haben den Aufnahmen den nötigen Druck gegeben, so dass die Songs ihre volle Wirkung entfalten können.
Eure ersten beiden Alben erschienen beim holländischen Label DVS Records, inzwischen seid ihr bei QuiXote Music gelandet. Was waren die Gründe für den Wechsel?
Wir wollten unbedingt mit einem Label "vor Ort" in good old Germany zusammenarbeiten. Philipp Jähne kenne ich sehr gut – durch meine Arbeit bei PGM – wir sind gute Freunde, und ich vertraue ihm blind. Ich weiß, dass er dem Album seine volle Aufmerksamkeit schenken wird: das war uns sehr wichtig. Quixote Records hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt und hat definitiv die Möglichkeiten, unser Album gut zu vermarkten.
Inwieweit hat sich für euch die Tour mit Saga ausgezahlt? Habt ihr dadurch auch neue Fans dazu gewonnen bzw. ergaben sich neue Kontakte?
Wir haben vor mehr als 16.000 Leuten gespielt, viele neue Fans dazu gewonnen, und der Tourkoch war einfach nur grandios! Im Ernst, die Tour war für uns sehr erfolgreich und wir hoffen natürlich, jetzt davon zu profitieren. But: only time will tell!
Kristian Selm © Progressive Newsletter 2006