CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)

Dr.Folamour - Dr.Folamour
(49:40, Musea, 1996)

Diesmal fange ich ausnahmsweise mit einer Rüge an Musea an. Sind sonst die Booklets vor allem bei Reissues sehr informativ, so wurde diesmal kräftig an Informationen gespart. Layout-technisch sehr ansprechend findet man nur einen Verweis auf einzelne Musiker bei jedem Lied. Somit erfährt man wenigstens, das bei dieser französischen Band neben Schlagzeug, Gitarre und Bass sich auch Violine, Flöte, sowie verschiedene Gesangsgruppen ein buntes Stelldichein geben. Klingt ja schon mal interessant. Flugs also mal gelauscht. Recht heftige Gitarrenarbeit gleich zu Beginn, öha, was mag uns denn noch auf den kommenden rund 49 Minuten erwarten? Der Verdacht auf ein rustikal deftiges Album wird schnell entkräftet. Die heftigen Gitarren sind nur der Unterbau für dynamischen Space Rock bei Titel Nr.1 "Un morceau en form de pêche". Der Einfluss von vielerlei Stilen macht das gleichnamige Debüt von Dr.Folamour zu einem überdurchschnittlichen Album, obwohl man fast rein instrumental bleibt. Stimmen, gibt es in Form von indianischem Gesang bei "Guanahani", Kinderstimmen bei "Little boy" und eigenwilligem von Sprech- bis hin zu orientalisch wirkenden Gesang bei "Fatman". "Escalibot" bietet eine Kooperation mit dem Chor der Voix Bulgares, dazu Violine und Gitarre und vorwärtstreibender Rhythmus. Gerade diese Stilvielfalt sorgt für einige neue Höreindrücke. Beim "India song" klingt die Violine sehr orientalisch und gibt dem Song leichten Ozric Tentacles Touch. "Basta Blues" beginnt akustisch und recht spanisch, greift aber abrupt auf die sehr häufig verwendeten härteren Gitarren zurück. Beileibe keine Heavy Attacken, sondern vielmehr sehr erdig gespielt. Die Arrangements strotzen zwar nicht gerade vor überraschender Abwechslung, sind aber von den Stimmungen her sehr dicht und übermitteln so sehr gut Atmosphäre. Auch tempomäßig schaltet man eher einen Gang höher und verpasst den Liedern genügend Drive. Stellenweise fühle ich mich manchmal bei den Gitarren an King Crimsons letzten Werk "Thrak" erinnert. Doch wie gesagt, nur stellenweise. Ein Album für alle, die etwas nach Abwechslung vom reinen Prog Rock suchen. Wer anderen Stilen und Mixturen aufgeschlossen ist, mit gitarrenlastiger Musik keine Probleme hat, sollte hier ruhig mal ein bis zwei Ohren riskieren.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1996