CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)

Banzai - Hora Nata
(60:27, Belle Antique, 1974)

Frage: was fällt einem spontan zum Thema Progressive Rock in Belgien ein? Zunächst vermutlich die aktuelle Version namens Now (ja, sie existieren noch, wenn auch in leicht veränderter Besetzung), dann die in den 70ern führende belgische Prog Rock Band Machiavel, die speziell mit ihren frühen Werken beeindrucken konnten, sich dann aber in Richtung Police bewegten und in den 80ern schließlich auflösten. Mittlerweile haben sie sich aber überraschenderweise zwecks geplanter Tour wieder zusammengetan (übrigens mit Now Beteiligung). Doch das war noch längst nicht alles. Zu den weniger bekannten Bands der 70er ist u.a. Banzai zu zählen, die 1974 ihr erstes - und meines Wissen leider auch einziges - Album mit dem Titel "Hora Nata" veröffentlichten. Das Quintett bestand aus Keyboarder, Gitarrist, Bassist, Schlagzeuger und Percussionist. Die Gesangspartien wurden auf drei Musiker verteilt, wobei hier der häufige Einsatz von vielstimmigen Gesangsharmonien positiv auffällt. Das Album ist sehr ausgewogen, Gitarren- und Keyboardarbeit halten sich die Waage, als zusätzliches Element kommt der verstärkte Percussionseinsatz hinzu, u.a. in Form von Glockenspiel und Vibraphon. Auch einige Streicher- und Bläserarrangements wurden unauffällig, aber sehr geschickt, eingesetzt. Leichte Ansätze von Yes oder Gentle Giant sind herauszuhören, am ehesten erinnert mich die Musik von Bazi aber an Fruupp ("The prince of heaven's eye"), was als grober Anhaltspunkt meiner Meinung nach geeignet erscheint. Wer an dieser Art von Musik interessiert ist, sollte sich unbedingt mal mit dieser Band beschäftigen. Ich denke, dieses Album wäre geradezu ein Musterbeispiel für ein Musea Re-Release. Doch in diesem Fall waren die Bemühungen der Franzosen (leider) vergeblich - das Rennen machte diesmal das japanische Belle Antique Label. Inzwischen wurde die CD aber auch in Europa von Pseudonym Records aufgelegt. Wer sich aber trotzdem für die Anschaffung der Japan Ausgabe entscheidet, der belastet seinen Geldbeutel natürlich in stärkerem Maße und der geneigte Leser muss sich wieder durch viele Bäumchen, Hütchen, Häuschen etc. durcharbeiten. Diese sollte den noch schwankenden Prog Fan aber nicht davon abhalten, sich dieses gelungene Teil zuzulegen - es lohnt sich! Dazu gibt es noch rund 20 brauchbare Minuten Bonusmaterial, nämlich jeweils A- und B-Seiten der drei anno '74/'75 veröffentlichten Singles. Für diejenigen, die meinen, ohne Longtracks nicht leben zu können: jawohl es gibt auch hier zwei Titel mit einer Spielzeit von jeweils über 11 Minuten.

Jürgen Meurer



© Progressive Newsletter 1996