CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)

Rivendel - The meaning
(51:17, Musea, 1996)

Gleich beim ersten Blick auf dem CD Player macht sich Skepsis breit. Die unglaubliche Anzahl von 21 Titeln tummeln sich auf diesem Tonträger. Dies sind jedoch nur die Untertitel, so dass man letztendlich drei Liedern in den Längen 13:26, 28:47 und 9:01 zu hören bekommt. Also, erst einmal aufatmen. Doch kehrt die Skepsis sehr schnell wieder zurück, wenn opernhafter Frauengesang mich gleich zu Beginn über gesetzliches Mikrofonverbot nachdenken lässt. "La telarana" ist beim ersten Höreindruck austauschbarer, recht klischeebehafteter Neo Prog. Gut gespielt, aber 1000 mal gehört und 1000 mal nichts passiert. Lauscht man jedoch mehrmals und intensiver, dann relativiert sich dieser Eindruck, doch hält sich meine Begeisterung trotzdem in Grenzen. Pluspunkte sind die eingängigen Melodien, sehr hübsch komponiert und aneinandergereiht. Doch der Minuspunkt ist wie so oft der Gesang. Zwar über sich Tono Cruz und Ana Loreto Martion (das ist die vorher angesprochene mit Mikrofonverbot) im männlich-weiblichen Wechselgesang, aber die große Offenbarung ist dies nicht. "The meaning" lässt dafür etwas mehr aufhorchen: aggressivere Gitarre und voluminöse Keyboards erzeugen wesentlich mehr Druck. Von Lied 12-17 folgt dann die beste Sequenz des spanischen Quartetts. Ohne Gesang erklingt atmosphärischer Space Rock, abgelöst von Bombast, der wiederum in moderat harten, düster und dunkel geprägten Gitarrenrock übergeht. Abwechslungsreiche Keyboardsoli werden untermalt von Gitarrenklängen. Da fühlt man sich doch schon eher musikalisch angesprochen. Zum Abschluss folgt mit "L'art burt" ein mehr rockiger Ausklang, bei dem der Gesang, jedoch ohne böse Unterstellung, als Totalausfall bezeichnet werden kann. Stark sind Rivendel immer dann, wenn, wie leider bei so vielen Bands, die mannigfaltig engagierten Sänger ihren Mund halten. Zwar erreichen sie nicht ganz die Klasse der landsmännischen Dracma, jedoch sind brauchbare Ansätze vorhanden. Ob diese den Kauf dieser CD rechtfertigen, überlasse ich, ohne weiteren Kommentar, jedem selbst.

Kristian Selm



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