CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)
Prowlers - Mother and fairy
(59:58 + 60:03, Mellow Records, 1994)
Jetzt weiß ich endlich, warum Europa immer wieder mal in der Energiekrise steckt. Wenn man kostbare Ressourcen in die Herstellung solcher CDs steckt, die dann eh kein Mensch kauft (oder gibt's da doch einige Verwegene?) und die irgendwo auf Halde liegen, dann ist ja wohl alles geklärt. Hätten wir mehr solcher Scheiben, dann gäbe es bald nach den mittlerweile abgebauten Butterbergen und Weinseen auch noch Prog CD Halden. Doch ich muss sagen, solchen Veröffentlichungen geschieht es auch recht. Soweit ich weiß, ist von dieser Gruppe bisher kaum Hörenswertes gekommen und dann hauen die gleich wieder eine Doppel CD raus. Au Backe! Vielleicht hätte man sich erst mal mit einer normalen CD oder Mini CD über seinen Marktwert und die Nachfrage nach solchem Prog klar werden müssen. Auf jeden Fall kann man getrost dieses Album unter dem von "Den Doofen" kreierten Obertitel "Lieder, die die Welt nicht braucht", laufen lassen. Gleich am Anfang empfängt einen eine ziemlich lasche Produktion. Alles klingt ohne richtiges Volumen, da steckt nichts dahinter. Und dann die Drums. Schlecht abgemischt klingen sie irgendwie leicht dumpf, als wären sie im holzvertäfelten Proberaum des Schlagzeugers aufgenommen worden. Die Keyboards legen m2-weise nur flächendeckende Teppiche, von Spielwitz keine Spur. Und da ist da noch...aaaaaah nein! Tschuldigung, aber ich werde gerade von einem Lachkrampf übermannt, denn da setzt völlig unvermittelt ein oberschlechtes quäkendes Sax ein, das meinen letzten Ärger über solche Produktionen in anhaltendes Lachen umwandelt. Da kann man sich echt nicht mehr ärgern, das ist einfach zu komisch. Tja, wo war ich denn grad noch...ach ja, der Gesang. Sängerin Laura Mombrini ist auch nicht gerade die Erleuchtung, geschweige denn der sie begleitende männliche Backgroundchor. Alles klingt billig auf dieser Scheibe, die Produktion und besonders die Einfälle. Das ist wirklich Neo Prog der allerschlimmsten Sorte und wieder mal ein Grund, warum dieser Stil zu Recht so in Verruf geraten ist. Dann muss der arme Konsument auch noch sechs Lieder über neun Minuten ertragen, die natürlich, ich glaube, ich brauch es gar nicht sagen, so abgrundtief schlecht sind, dass man aus den Ideen dieser ca. 57 Minuten nicht mal einen wirklich guten langen Titel zusammenmischen könnte. Dann wäre da noch, um den Gesamteindruck abzurunden, ein geschmackloses und künstlerisch wertloses Booklet mit vielen bunten Holzstiftzeichnungen, die dem Künstler bei einer Kunsthochschule nicht mal die Erlaubnis des Betretens des Parkplatzes eingebracht hätte. Klar, sie sollen wohl das Konzept des Albums unterstreichen, aber solche Dinger aus der "Herr der Ringe" Schmiede hatten wir schon massenhaft. Folgerichtig wird dann auch noch in den Credits Herrn J.R.R. Tolkien gedankt, wer hätte es gedacht? Auf jeden Fall Warnung an alle, die guten, hörbaren Neo Prog suchen (denn auch das gibt es stellenweise noch), hier findet ihr ihn sicher nicht. Sollte jemand von euch das Teil trotzdem gefallen, was bei unseren Abonnenten wohl kaum vorkommen dürfte, sollte er sich mal überlegen, ob er nicht bei anderen Magazinen besser aufgehoben wäre.
El Supremo
© Progressive Newsletter 1996