CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)
Moongarden - Brainstorm of emptyness
(71:30, Mellow Records, 1996)
Vor rund 1½ Jahren machte diese Band aus Italien mit ihrem Debüt "Moonsadness" auf sich aufmerksam. Wie meinte doch T.J. so passend: "ein Neuling ist im Werden". War meine Begeisterung zu jenem Zeitpunkt noch etwas zurückhaltend, so muss ich ihm im nachhinein recht geben. Was die sieben unter Zuhilfenahme von zwei Gitarren, Bass, Keyboards und Schlagzeug diesmal abliefern, verdient wirklich Beachtung. Befreit von allzu viel melodischem Neo Prog Ballast, ist der musikalische Variationsreichtum diesmal wesentlich ausgeprägter. Zwar werden weiterhin auch Freunde von melodischer Musik auf ihre Kosten kommen, doch sorgen die weiteren Zutaten für einen abwechslungsreichen Hörgenuss. Ruhigen Zwischentönen folgt auch mal metall-lastiger Prog. Harmonien werden Ecken und Kanten durchbrochen und führen so heraus aus reiner Eingängigkeit. Besonders bemerkenswert sind die voluminösen Keyboardsoli, bei denen auch ein Mellotron nicht fehlt. Zwischendurch schrauben sich glasklare Gitarrenklänge in sinfonische Höhen. Positiv sind mir auch die guten Texte aufgefallen. Die Themen reichen von nachdenklichen Gedankenspielen, über Sozialkritik bis hin zu Fantastischem. Trotzdem muss der Chekommentator auch etwas Kritik üben: das leidige Problem ist mal wieder der Gesang. Zwar hat Riccardo Tonco keinen stark ausgeprägten Akzent (er erinnert mich etwas an einen englischsingenden Angelo Branduardi) aber seine Vokalakrobatik ist der kleine Schwachpunkt der Produktion. Anleihen bei anderen Bands in den abwechslungsreichen, sehr fein abgestimmten Arrangements mit Liebe fürs Detail sind bei "Who's wrong" erkennbar, wo eindeutig mit Kreischgesang aus Pink Floyd's "The great gig in the sky" geklaut wurde. Doch ist man so ehrlich und erwähnt dies im Booklet und entschuldigt sich auch brav dafür. Das große Vorbild von Keyboarder und Hauptkompositeur Cristiano Roversi, Andy Latimer, schimmert daneben auch in einigen Passagen durch. Als ungewöhnlich grenzt sich eine Adaption von Rachmaninoff vom Rest ab. Das mehr klassische Singstück "Is he mommy's little monster?" mit eigenartigen Gesangsstimmen fällt deutlich aus dem musikalischen Rahmen. Eine gute Produktion, die allen, die sich durch diese Kritik angesprochen fühlen und aus Italien nicht unbedingt die typischen 70er Produktionen hören möchten, fast uneingeschränkt empfohlen werden kann.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1996