CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)

Happy The Man - Happy The Man
(49:30, Arista, 1977)

Drehen wir die Uhr einmal um fast 20 Jahre zurück und beleuchten eine exzellente Gruppe, die auf ihrem Debüt feine, sehr wohldurchdachte Musik bietet. Nun hat dieses Kompliment inhaltlich zwar zunächst gar keine Aussage, aber mit den Zusätzen, dass die fünf Amerikaner anspruchsvollen 70er Progressive Rock mit leicht verdaulichen Jazzstrukturen vereinen, dazu auch stellenweise Instrumente, wie Saxophon oder Flöte verwenden, wird dieses Aussage letztendlich doch mit Innhalt gefüllt. Um jedoch gleich die Euphorie etwas zu dämpfen, komme ich nicht umhin, zu erwähnen, dass diese CD zur Besprechung dieser Kritik nur als teurer Japan Import vorlag und mir leider nicht bekannt ist, ob es noch eine "normale" Version gibt. Wem der Begriff Jazz Rock etwas sauer aufstößt, dem sei zur Entwarnung gesagt, dass sich diese Kategorisierung hauptsächlich auf die Saxophonpassagen und kurzen Intermezzi in manchen Liedern (z.B. Anfang von "Mr.Mirror's reflection on dreams") bezieht. Mehr noch als gleichberechtigt stehen daneben solistische Ergänzungen durch Gitarre und vor allem Keyboards. Happy The Man sind sehr vielseitig. Mal gibt man sich sehr relaxt und eher zurückhaltend ("Starborne", "Hidden moods"), setzt dabei recht locker durch die schon angesprochenen Soli und Dramatik musikalische Farbtupfer. Mal gibt es vom inneren Aufbau her komplexe und von Breaks durchsetzte Lieder ("Stumpy meets the Firecracker in Stencil Forest"), ohne sich dabei jedoch völligem Chaos oder abgedrehten Avantgarde Rock hinzugeben. Die Mitglieder von Happy The Man verstehen es vielmehr, ihre Fähigkeiten geschickt songdienlich unterzuordnen. Von der Produktion her zeitgemäß aufgenommen, merkt man aber doch unweigerlich diesem Debüt an, dass es aus den 70ern Jahren stammt. Dies ist keine Kritik, sondern nur der Hinweis für diejenigen, die hier etwas überraschend Neuartiges erwartet haben. Doch fällt es ungeheuer schwer, überhaupt eine vergleichbare Band zu finden. Im Musea Katalog versucht man sich mit Camel, doch hinkt dieser Vergleich, da bis auf kurze Gitarrenpassagen mir keine Ähnlichkeiten zu Andy Latimer und Konsorten aufgefallen sind. Ein weiteres Merkmal der Amerikaner ist der sehr zurückhaltend eingesetzte, jedoch gute Gesang. Gerade mal bei zwei Liedern vernimmt man Stanley Whitakers sonores Organ. Somit stelle ich mal die Aussage in den Raum, dass dies ein echter Klassiker aus den 70ern ist, den es lohnt zu entdecken.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1996