CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)

Eskaton - 4 visions
(51:27, Ad Perpetuam Memoriam, 1979)

Zwar ist es unfair, eine Band mit einer anderen zu vergleichen, aber beim Zuhören von "4 visions" kam mir urplötzlich ein Namen in den Sinn: Magma. Dabei sind die Vergleiche nicht nur auf musikalischer Ebene vorhanden. Der vollständige Bandname nach Gründung war eigentlich Eskaton Kommandkestra und steht somit den typischen Magma Wortschöpfungen in keiner Weise nach. Nebenbei stammen die acht Musiker ebenfalls aus Frankreich, wobei sie Ende der 70er sogar mit besagter Band auf einer Bühne standen. Gesungen wird von den beiden Frontfrauen Paul Kleynnaert und Amara Tahir sprachlich in französisch und stimmlich recht hoch. Die Darbietungsart weist zusätzlich sakrale Strukturen, wie auch stakkatoartige, jazzige Tendenzen auf. Darunter wummert düster der treibende Rhythmus von Bass und Schlagzeug, angereichert durch Orgel-, Synthesizer- und Gitarrenklänge. Vom Sound her sehr druckvoll sind die einzelnen Stücke stilistisch massive, orchestrale Rockmusik. Wobei orchestral nicht auf die Instrumentierung, sondern mehr auf den kompakten Klang zurückzuführen ist. Die fünf Lieder der CD lassen sich inhaltlich in zwei Kategorien aufteilen. Die Mehrzahl sind ekstatische, hypnotische Klanggemälde, die immerwiederkehrende Themen aufgreifen und mit mächtig Tempo vorangetrieben werden. Auf der anderen Seite wird es auch mal besinnlicher und ruhiger, trotzdem ist die Musik gleichzeitig in eigenartigen Stimmungen verwurzelt. Über allem schwebt immerwährend der glasklare Gesang, der, als einziger Gegenpol, von kurzen Soli unterbrochen wird. Lobende Ausnahme ist hier der letzte Titel "Le cri", welcher im Mittelteil von einem mächtigen, dramatisch anschwellenden Synthesizer Solo geprägt ist. Erstaunlich, dass die ursprüngliche Veröffentlichung auf Kassette stattfand und nur in Amerika vertrieben wurde. Trotz alledem ist der Klang wirklich hervorragend und sehr transparent. Zum Glück haben die Schweden von APM dieses Werk ausgegraben und es somit auch für die Allgemeinheit zugänglich gemacht. Wem also die von mir zu Beginn angeführte französische Band zusagt, der kann hier ziemlich bedenkenlos zugreifen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1996