CD Kritik Progressive Newsletter Nr.8 (03/1996)
Mosaic - Miniatures
(67:36, Vinyl Magic, 1995)
Schon beim Blick auf die Titelliste wird man erst einmal von der unglaublichen Menge an Liedern erschlagen. Sage und schreibe 40 Tracks tummeln sich auf dieser italienischen CD. Mal sehen, ob sich die Menge der Titel auch äquivalent zur Qualität dieses Werkes verhält. Beppe Crovella (Ex-Arti E Mestieri), der dieses Album im Alleingang komponiert und produziert hat, zeichnet sich für alle Tasteninstrumente und Samples anderer Instrumente aus. Weitere Instrumente, wie Gitarre, Bass und Drums werden von Gastmusikern aus aller Herren Länder beigesteuert. Die Dominanz liegt aber eindeutig auf Seiten der Tasteninstrumente, meist Keyboards. Von Zeit zu Zeit lässt er auch mal eine Hammond oder ein Mellotron ertönen. Die Musik ist meist in der mittleren oder langsameren Gangart angesiedelt, Gesang taucht nur in sieben Liedern auf und da er nicht gerade der Knaller ist, reicht mir das eigentlich auch. Vom Stil her kann man wohl ein Schildchen mit "typischer 90er Italo Prog" draufkleben, manchmal steuert man auch mal in leicht komplexere Gewässer rüber, im allgemeinen treibt Käpt'n Crovella aber ohne eigenen Antrieb auf dem großen Italo Prog Schiff-Fahrtsstrassen dahin. Die Kompositionen sind, wie uns Beppe im dünnen Booklet mitteilt, extra so kurz gehalten (immer zwischen 1:00 und 2:47), weil er "die Idee verfolgte, ein aufregendes Abenteuer zu unternehmen", indem er kurze progressive Kompositionen mit "Geburt, Entwicklung und Ende" in sehr kurzer Spieldauer unterbrachte. Weiterhin eröffnet er dem Hörer, dass er auf dieser Scheibe musikalische Tools und Methoden (Sampler usw.) verwendet habe, wie er es noch nie getan habe, dabei aber immer Gefühl vor Technik gesetzt habe. Ja, ja wer's glaubt! Da muss ich doch gleich mal meinen eigenen Zitierschwall unterbrechen, um dies vor dem geneigten Leser als leere Worte zu brandmarken. Das ist alles weder abenteuerlich, noch sehr gefühlvoll. Es hört sich so an, als habe er das Album etwas so fabriziert, wie Charlie Chaplin in "Moderne Zeiten" dieser verschraubte Teile. Dass heißt am Fließband stehen, an kleinsten Teilen immer kurz herumschrauben und das, was hinten herauskommt, sieht alles ziemlich gleich aus. Die Musik klingt nicht sehr abwechslungsreich, die synthetischen Keyboardklänge z.B. von Geige oder Trompete klingen billig, genauso setzt er manchmal Keyboardklänge ein, die direkt aus einem Nintendo entsprungen sein könnten. Dass sich in ein- bis zweiminütigen Stücken keine großartigen Entwicklungen oder Steigerungen breit machen können, brauch ich wohl nicht mehr erwähnen. Klar, das Gegenteil mit 30-minütigen aufgeblasenen Monsterstücken ohne Inhalt taugt auch nichts, aber wenn schon in so kleinen Stückchen nicht musikalisch oder kompositorisch rüberkommt, dann taugt das wohl zweimal nichts. Daran ändern auch die, wie fast als Rechtfertigung angegebenen, kurzen Hinweise auf einige Synthie-Klänge von Giorgio Moroder oder Ermutigung durch die Gentle Giant Mannen nichts. Mit denen hat er 1975, damals noch in der Band Arti E Mestierei, eine gemeinsame Italientour absolviert. Aber diese Lorbeeren kann er sich nach mehr als 20 Jahren heute auch nicht mehr anheften, da mittlerweile alle Blätter schon verdörrt und abgefallen sind. Das billige, gemalte Cover mit Pseudo surrealistischem Inhalt unterstreicht nur den gewonnen Gesamteindruck dieser CD. Warum meinen viele Prog Band eigentlich immer, sie müssten sich ein gemaltes (Fantasy) Cover zulegen, dass dann künstlerisch eh immer in die Binsen geht (siehe Abiogenesi oder darXtar). Es gibt eben nur einen Roger Dean. Dann lieber ein Layout mit guten Fotos, wie bei Anekdoten. Somit ist für mich dieses "abenteuerliche" Experiment der kleinen Häppchen an fehlenden Einfällen und exponentiell steigender Langweile gescheitert. Ich denke, ich spreche da für die Mehrzahl der Proghörerschaft. Eingeschworene Italo Progger sollten es sich aber trotzdem mal anhören.
El Supremo
© Progressive Newsletter 1996