CD Kritik Progressive Newsletter Nr.8 (03/1996)

Heretic - 1984-88
(76:12, Belle Antique, 1994)

Dieses Album aus Japan erfüllt auf den ersten Blick alle Voraussetzungen, um lohnenswert zu sein. Überlange CD Spieldauer, bei sechs von neun Stücken kein Gesang und mehrere lange Stücke. Doch lass ich diese Silberscheibe in meinem Player rotieren, dann wird daraus Ruck-Zuck eine musikalische Achterbahnfahrt. Bei den ersten drei Liedern klopft der Drum Computer ziemlich langweilig vor sich hin und die restlichen Instrumente erzeugen mehr den drittklassigen Soundtrack eine schlecht gemachten Science Fiction Film oder können gerade noch als Musik eines Computerspiels bestehen. Das Gehörte klingt zwar perfekt und ist ohne Fehl und Tadel gespielt, doch ist es absolut kalt, inhaltlich leer und ziemlich nichtssagend. Als Hintergrundmusik ganz weit, weit weg nicht mehr weiter schmerzhaft, für mehr recht es dann aber auch nicht. Nach so einem Rundumschlag will ich doch noch etwas objektiver werden. Den Kompositionen fehlt es einfach an Originalität und Inhalt, da meist gleichbleibend melodische Synthesizerakkorde recht monoton vor sich hinschweben. Zumindest eins erreichen Heretic damit: sie erzeugen gute atmosphärische Stimmungen. Dies war der Rückblick ins Jahr 1984. Es folgen sechs Stücke aus dem Zeitraum '86-'88 und diese sind dann doch anders. Sie wechseln total in den Bereich des Experimentellen. Der 22-minütige Longsong entpuppt sich als avantgardistische Soundcollage, bei der immer mehr Klänge aneinandergereiht werden. Der sogenannte Gesang ist im wesentlichen geflüsterte Worte und der Rest ist echt total daneben. Im Schlussteil wird auch noch recht dramatisch die elektrische Geige bearbeitet, was aber immerhin nach richtiger Musik klingt. "Fail safe error" kann dann als wirklich gelungen bezeichnet werden. Wieder ist die Violine dran, vorangetrieben von synthetischem Unterbau. Einem Stück mit dünnem Gesang folgen noch zwei weitere synthetische Exzesse, die teilweise auch noch Musik darstellen. Es bleibt als Gesamteindruck eine CD mit zum Teil recht experimenteller, synthetischer Musik, die wirklich nur für absolute Spezialisten dieser Musikrichtung zu empfehlen ist. Allen anderen, Finger weg! Oder um mit Herbert Grönemeyer zu sprechen: "Was soll das?"

Kristian Selm



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