CD Kritik Progressive Newsletter Nr.8 (03/1996)
Glass Hammer - Perelandra
(61:55, Arion Records, 1995)
Mit ihrem Debüt "Journey of the Dunadan" machten Glass Hammer bereits 1993 auf such aufmerksam. War ihr Erstling eher ein musikalisches Hörspiel, so wurden die geräuschtechnischen Einlagen diesmal deutlich zurückgefahren und man bekommt sehr melodischen Neo Prog geboten, der vor allem vom Keyboard dominiert wird. Nicht verwunderlich, da die beiden Köpfe der US Band, Stephen DeArque und Fred Schendel, sowohl für Gesang, als auch für die Keyboards zuständig sind. Die Einlagen von Gitarre und Bass sind eher im Hintergrund anzusiedeln, die Tastendominanz ist das Hauptstilmittel. Man beginnt mit einem typischen Cliché, nämlich dass wohl jede brauchbare Prog Scheibe mit einem dramatischen Intro beginnen sollte. Glass Hammer greifen hier auf ihre Hörspielerfahrung von der ersten CD zurück. Da klirrt Glas, Maschinengewehrsalven dröhnen, jemand geht durch ein Treppenhaus und schreiende Kinder sind zu hören. Jedoch steht dieses Intro etwas verloren im Raum, da es meiner Ansicht nach keine Bindung zum ersten Stück hat. Dafür ist "Time marches on" gleich ein verheißungsvoller Beginn. Auf 10½ Minuten wird alles für den Liebhaber melodischen Neo Progs geboten: sinfonisch-bombastische Keyboards, die auch mal solistisch glänzen, gekonnt gespielt und sehr gut produziert. Das folgende "Lliusion" klingt am Anfang Richtung Cairo, erinnert mich im weiteren auch etwas an die mir etwas zu hochgelobten Rocket Scientists: abwechslungsreiche Breaks und weiterhin vorherrschende Keyboarddominanz. Eingestreute Soli geben dem Lied seinen weiteren Reiz. Schwachpunkt ist der etwas gleichförmige Gesang, der nicht unbedingt bestechend klingt. Danach mit "The way to her heart" ein halbakustischer, eher radiotauglicher Lovesong. Danach "Felix the cat", eine recht lasche Klassikadaption Mendelsons und nach einer kurzen Hörspieleinlage dann der Titeltrack. Dieser offenbart nun jedoch die Schwäche dieser CD. Auf 8 Minuten wabbern recht soundtrackmäßig die Keyboardakkorde vor sich hin. Sehr schön und atmosphärisch, doch einfach zu langatmig. "Le danse final" kommt aus dem Bereich ruhiger Rock und wird durch Saxophon ergänzt. "That hideous strength" ist dann auch mehr Rock als Prog, weißt aber mehr musikalisches Volumen und Dramatik auf. Die Keyboardeinlagen verleihen dem Lied einen leicht orientalischen Touch und endlich ist auch mal die Gitarre zu hören. Nach einer weiteren Hörspieleinlage erklingt "Into the night", das wie bereits die anderen zwei Lieder zuvor an Pink Floyd ab "The dark side of the moon" erinnert. Zum Ende mit "Heaven" ein schöner Abschluss im Stile der davor erklungenen Lieder, mit deutlichter Tendenz zum Prog und tollen Soli. Glass Hammer greifen auf viel Altbekanntes zurück, so dass man, sofern man Melodic Rock oder melodischen Neo Prog mag, solide und brauchbare Musik geboten bekommt. Mir fehlt es zwar am letzten Biss und die harmonischen Klangbilder sind einfach zu dominant, trotzdem bieten die Amerikaner unbestritten einen recht hohen Standard.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1996