CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Messenger - Illusory Blues
(45:31, Svart Records, 2014)

Einen Sonderpreis für sehr haarige, ungewöhnliche Frisuren erhalten Messenger auf jeden Fall. Wer's nicht glaubt, schaue mal auf der Facebook Seite der Band vorbei. Doch viel überraschender, weniger plakativ ist das, was die Engländer auf "Illusory Blues" bieten - einem Album übrigens, was entgegen dem Namen ohne jegliche Blueselemente auskommt. Messenger verstecken recht gut ihre musikalische Herkunft, denn ohne das Wissen, dass es sich um eine britische Band handelt, hätte man die Musik glatt in Skandinavien beheimatet vermutet. Folkige Elemente, Melancholie und zerbrechliche, schöne Melodien sind eher Trademarks für Bands aus Norwegen und Schweden. Doch das macht nichts, denn hier funktioniert alles prächtig, entsteht eine Magie, die direkt in Herz und Seele geht. Mit Geigen, Flöten und Akustikgitarren, aber auch "echtem" Rockinstrumentarium entstehen interessante Songperlen voll Traurigkeit und innerer Schönheit, die von weichen Rhythmen und verträumten Stimmungen getragen werden, genauso dramatische, euphorische Wendungen nehmen. Gerade weil es der Band gelingt in 7 oder 8 Minuten sehr viel Gehalt zu stecken und die spannende Atmosphäre in genau richtigen Portionen auszuleben, beeindruckt die fragile, weinerliche Schönheit. Das ist umso erstaunlicher, da die Musiker ursprünglich aus Bereichen wie Hardcore Punk, Black Metal und Ambient stammen. Somit fast eine ähnliche Wandlung wie bei den norwegischen Ulver oder auch Anathema, nur dass Messenger auf "Illusory Blues" noch viel mehr auf Ruhe, Besinnlichkeit und sensible Pop Dramatik setzen, selbst wenn aufregende Augenblicke immer zum festen Bestandteil der Musik gehören. Verregnete Herbstmusik für das eigene Kopfkino.

Kristian Selm



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