CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Karfagen - Magician's theater
(57:34, Caerllysi Music, 2014)

Oftmals sorgt der Liveeindruck für eine ganz andere Wahrnehmung gegenüber der Musik eines Künstlers. Da klickt es auf einmal und man "versteht" die Musik viel mehr als noch auf Tonträger. Beim Auftritt des Keyboards, Sängers und Komponisten Antony Kalugin letztes Jahr im Spirit of 66 im belgischen Verviers ging der Schuss jedoch leider komplett nach hinten los. Denn bis auf die überaus sympathischen Mädels am Merchandising Stand hinterließ der Auftritt der Truppe um den ukrainischen Tausendsassa keinen nachhaltigen bzw. einen sehr zwiespältigen Eindruck. Lag vielleicht auch daran, dass bei diesem Gig das Material seines sicherlich interessantesten Projekts Karfagen eigentlich fast gar keine Rolle spielte. Deswegen große Überraschung: "Magician's theater", das aktuelle Album der multi-nationalen Formation Karfagen, ist eine wirkliche gelungene, rein instrumentale Progscheibe, die eigentlich so klingt und inhaltlich so geschlossen wirkt, wie man sich dies auch live gewünscht hätte. Der wuchtige, sehr direkte Sinfonic Rock wird immer wieder von fragilen, folkigen Passagen durchzogen, selbst einige wenige klanglich käsig wirkende Keyboardeinsätze - ausgeglichen durch feine Mellotronflächen - fallen nur unwesentlich ins Gewicht. Die inhaltliche Vielschichtigkeit geht Hand in Hand mit kompositorischer Vielfalt, was sicherlich auch daran liegt, dass neben den Keyboards die Gitarre eine mehr als gleichberechtigte Führungsrolle einnimmt, aber auch einige Flöteneinsätze für ein Aufhorchen sorgen. Power und Melodie funktionieren hier als perfekte Einheit, selbst kammermusikalische Ansätze sind hier zu finden. So ist dieses Album eine gewisse persönliche Versöhnung mit dem Mikrokosmos von Antony Kalugin, der hier beweist, dass er im Studio die Fäden dann doch noch sehr gut in den Händen halten kann.

Kristian Selm



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