CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Iamthemorning - Belighted
(55:20, Kscope, 2014)

Mit der zwischendurch erschienenen EP "Miscellany" lebten Iamthemorning erst einmal komplett ihre ruhige Seite aus, um die Spannung für das nun folgende Album zu steigern. Einen Teil der Songs findet man auch auf "Belighted" wieder, dennoch ist der zweite offizielle Longplayer der russischen Formation vielmehr eine Mischung aus sanften und gut dosierten dynamischen Parts, aus kunstvoll verschnörkeltem Pop mit rockigen Tendenzen und geschmackvoll verwendeten Streicherarrangements. Dass man mittlerweile beim für diese Musik passenden, englischen Qualitätslabel Kscope (u.a. Steven Wilson, Ian Anderson, Anathema, No-Man, Gazpacho, Blackfield) gelandet ist, spricht ebenfalls für einen gewissen Qualitätsstandard der Musik. "Belighted" ist eine Art Panoptikum von zerbrechlichen Momenten in kammermusikalischer Interpretation, romantischer Lyrik und wandelnder Stimmung mit entsprechenden Dynamikwechseln. Hier finden sich ausschweifende, cineastische Momente, genauso wie verträumte Passagen von lässiger, versponnener Beiläufigkeit. Wenn man einen gewagten Vergleich anführen sollte, so kommen hin und wieder Erinnerungen an den eigenen Klangkosmos von Kate Bush auf. Doch da man bei Iamthemorning eben nicht nur auf atmosphärische Klangfarben setzt, sondern mitunter die Intensität von Sparsamkeit zu Euphorie steigert, entstehen dadurch immer wieder neu angelegte Spannungsverläufe. Zwar stehen eindeutig akustische Instrumente wie Klavier oder diverse Streichinstrumente im Fokus der Musik, doch mit verspielter Rhythmik, einer gewissen inneren Rastlosigkeit wird hier alles in stetigem Schwung gehalten. So entsteht ein farbenfrohes Kleinod des kammermusikalischen Kunst-Pops.

Kristian Selm



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