CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Enchant - The great divide
(55:48, InsideOut, 2014)

Es hat etwas länger gedauert, nämlich knapp mehr als 10 Jahre (der Vorgänger "Tug of war" erschien bereits 2003), doch mit "The great divide" kehren Enchant mit ihrem achten Studioalbum wieder auf die Bildfläche zurück. Die Band war sich in den ganzen Jahren selbst nicht ganz so sicher, ob sie nochmals ein Studioalbum auf die Beine stellen würde, denn fundamentale Änderungen im privaten Umfeld (Heirat, Kinder) und die daraus resultierende Verschiebung der eigenen Präferenzen, sowie der Einstieg von Frontmann Ted Leonard bei Spock's Beard und weitere Aktivitäten einiger Bandmitglieder (u.a. mit Bands wie Sound Of Contact, Thought Chamber, Affector), waren nur einige der ungeplanten Unwägbarkeiten und inneren Probleme, durch die sich die bereits seit den frühen 90ern aktive Band aus der kalifornischen Bay Area kämpfen musste. Ehrlich gesagt hat sich musikalisch bei Enchant nicht sehr viel geändert, die lange Pause scheint der Band lediglich wieder neuen Schwung und Energie verliehen zu haben. 9 neue Tracks, die irgendwie typisch nach Enchant klingen, dennoch durch einige neue Kniffe und moderate stilistische Neuausrichtungen kleinere Korrekturen der eigenen musikalischen Sichtweise offenbaren. Wie gewohnt beinhaltet bei Enchant die Schnittmenge aus Melodic Rock, AOR und Progressive Rock vor allem sehr viel rockmusikalische Substanz, die durch etwas vertracktere Arrangements, der guten Austarierung zwischen Melodik und Tiefgang ihre Anreicherung erfährt. Keine Musik, die offensichtlich großes Erstaunen und Überraschungen auslöst, die aber gerade in den Details ihre Verspieltheit und gekonnte amerikanische Lässigkeit ausstrahlt. Kurze solistische Schlenker an Keyboards und Gitarre sorgen für innere Auflockerung und Gitarrist, Songschreiber und Produzent Douglas A. Ott bringt es mit der Aussage "Wenn du alter Echant-Fan bist, wirst du sicher einiges wiedererkennen. Doch wir haben auch andere musikalische Ansätze und Einflüsse mit eingebracht - das ist definitiv ein Album für 2014 und nicht einfach nur ein Nostalgie-Trip." gut auf den Punkt. Ob die Band ebenfalls mit diesem Album auf Tour geht, ist noch nicht geklärt, dafür bekommt der Fan immerhin neues, gutes Futter für Ohren.

Kristian Selm



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