CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)
Dawn - Darker
(67:12, The Laser's Edge, 2014)
Nahezu 1-minütige Stille bzw. sehr ruhige und leise Orgelklänge stehen am Anfang von "Yesterday's sorrow". Doch dann setzen markante Mellotronkaskaden und analoge Keyboardsounds in schönster Retrofärbung ein und schon wird man von diesen wunderbaren Klängen gefangen genommen. Auch wenn der instrumentale Opener viel zu schnell vorbei ist, so ist dies nur ein Vorzeichen von dem, was anschließend noch folgt. Mehr als sechs Jahre sind seit dem Vorgänger "Loneliness" vergangen, mit dem die aus Montreux kommenden Dawn einen überaus ansprechenden Anlauf auf den Prog Markt wagten. So ansprechend, dass man mit dem aktuellen Werk "Darker" beim prestigeträchtigen Label The Laser's Edge gelandet ist. Doch auch ansonsten konnte man einige Meriten einheimsen, spielte bereits auf dem berühmten Montreux Jazz Festival und stand als Support Act von u.a. Kansas und Fish auf der Bühne. Das Grundkonzept setzt auf allmächtige Vintage Sounds (sehr viel satte Orgelklänge, aber auch sparsam, aber effektvoll eingesetzte Synthie- und Mellotroneinfärbungen) und einen dramatisch-sinfonischen, leicht düsteren Anklang, während man sich inhaltlich um die vielschichtigen Lebensumstände des Menschen des 21.Jahrhunderts kümmert. Das ist von der instrumentalen Sichtweise und vom spielerischen Gehalt ein echter Volltreffer in gewohnter Klangästhetik der 70er, während der etwas hohe, etwas eigenwillige Gesangsstil von Gitarrist / Frontmann René Degoumois sicherlich nicht für alle Ohren ein sofortiges Gefallen bedeutet. Doch das Quartett aus dem französisch-sprachigen Teil der Schweiz präsentiert seine Musik in angenehmer, niemals aufgesetzt wirkender Weise, für das zudem Bob Katz ein prächtiges Mastering beisteuert. Ob nun kürzere Tracks oder auch Longsongs über die 10 Minuten Grenze: das ist Retro Prog der unaufgeregten Art, der funktioniert. Ehrlich und gut gemacht.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2014