CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Dewa Budjana with Jimmy Johnson & Vinnie Colaiuta - Surya Namaskar
(55:45, Moonjune Records, 2014)

Die witzigen elektronischen Sounds im eröffnenden "Fifty" stammen von Gary Husband, der diesem intensiven Fusion-Reigen indes nicht weiter angehört. Gemeinsam mit Jimmy Johnson am bundlosen Bass und Vinnie Colaiuta am Schlagzeug steigt der indonesische Ausnahmegitarrist Dewa Budjana, dessen vorheriges Album stark in Richtung Weltmusik-Jazz tendierte, kraftvoll in Jazz Rock ein, wie er vom Mahavishnu Orchestra vorgedacht war. Das technisch reife und technisch orientierte Spiel des Trios weist sich als stilsicher und intuitiv perfektioniert aus. Die zwischen fünfeinhalb und neun Minuten langen Instrumentaltracks (samt einem liedhaften Jazzpop-Song mit Mang Ayi als Sängerin) wissen um die vielseitig ausgebaute Fusion Jazz Szene, umschiffen versiert, lebhaft locker und dynamisch alle ausgelebten Facetten und gehen doch auf Nummer sicher, was die Handschrift der Kompositionen betrifft. Die quasi zeitlose Jazz Rock-Stilistik in ihrer Klang- und instrumentalen Ästhetik ist perfekt eingespielt und ohne jeden Ansatz oder auch nur die Idee eines Mankos. Die Rhythmusarbeit ist grandios, was Colaiuta am Schlagzeug leistet, ist enorm beeindruckend, Johnsons Bass hat stets Farbe, Kraft und Lässigkeit in einem, Budjanas Gitarrensoli in ihrer lyrisch sphärischen Epik ist großartiger Ausdruck dessen, was Jazz Rock überhaupt nur sein kann. Und doch liegt in den Songs eine gepflegte, perfektionierte Langeweile, die erschreckend ist. Hier sind keine jugendlichen Rocker zusammen gekommen, um wildes Spiel zu treiben. Das sind Profis, die mit allen Wassern gewaschen und durch vielseitige Engagements und zahllose Band- und Albenbeiträge weltweit gefragt und anerkannt sind. Doch so sehr schöngeistig, lyrisch, technisch perfekt, rasant gespielt und ausgefeilt mit pausenlosen Extrakomplexen das Werk in allen Songs und Ecken und Kanten allüberall ausgestattet ist, liegt doch eine gewisse Seelenlosigkeit darin. Keine Frage, dies ist erstklassige Arbeit. Die indes an Inspiration mangeln lässt. Die Themen und Läufe sind vielfach in eben dieser Form auf Alben verewigt worden. In bester Form zeigt "Surya Namaskar" sich, wenn indonesische, weltmusikalische Anteile ihren Reiz ausleben. Dann wird der sichere Pfad verlassen, das Ensemblespiel gerät aus den Fugen und dahin, wo es hingehört: in wilde, ausgelassene Weite, die noch nicht erobert ist, frisch und neu klingt. Für Neueinsteiger in ätherisch erwachsenen, schwer komplexen 'progressiven' Jazz Rock ist "Surya Namaskar" geeignet. Wer sich im Genre auskennt, wird denken, das alles schon einmal gehört zu haben.

Volkmar Mantei



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