CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Tiles - Off the floor 02
(61:37 + 36:20, Standing Pavement Recordings, 2014)

Den ganz großen Durchbruch schafften Tiles leider nie, auch wenn die Band aus Michigan bereits seit den 90ern aktiv ist. Man ging u.a. Ende der 90er als Support Act mit Dream Theater auf Europa Tour, bekam einen Vertrag beim renommierten Label InsideOut und gewann zudem mit Terry Brown den namhaften Rush Produzenten deren frühen Jahre für sich. Die Randbedingungen stimmten also, doch lag es nun daran, dass man auch musikalisch teils etwas zu dominant auf die Rush-Karte setzte, damit die eigene Identität hinten an stellte oder war es vielmehr auch darin begründet, dass die Band trotz definitiv vorhandener Qualität nicht genügend Originalität und musikalischen Erinnerungswert ausstrahlte? So ist dann auch die Veröffentlichung der beiden "Off the floor" Alben zu erklären, die aufgrund mangelnder finanzieller Möglichkeiten, einfach eine Art "Best of" im Proberaum, eine Live-In-The-Studio-Performance darstellt und das 20-jährige Bestehen der Band im Livekontext dokumentieren soll. Die erste Ausgabe erschien bereits 2012 (u.a. mit Matthew Parmenter von der befreundeten Band Discipline als Gast), der zweite Teil ist als Limited Edition mit weiteren Aufnahmen und als zweite CD einem gekürzten Livemitschnitt der 2005er Ausgabe vom "Rites of Spring Festival", sowie Videos zu den Aufnahmen zu "Off the floor" erhältlich. Der melodische Progressive Rock / Prog Metal kommt direkt und unbearbeitet aus den Boxen. Statt nur 1:1 die Songs von den bisherigen Studioalben zu kopieren, bringt man improvisierte Passagen und gewisse Umstrukturierungen ins Songmaterial ein, streut sogar für einen kurzen Augenblick einen recht ungewohnt klingenden Bass & Drum Part ein. Gerade durch die inhaltliche Offenheit, gewinnt die Musik von Tiles mehr an Format, scheint das musikalische Potenzial viel offensichtlicher durch, auch wenn weiterhin die Rush Inspiration deutlich erkennbar ist. "Off the floor 02" ist im Vergleich zum ersten Album gleichen Namens eine Spur aufregender, weniger vorhersehbar und macht durchaus Lust auf das für das nächste Jahr angekündigte Studioalbum.

Kristian Selm



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