CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)
Matt Stevens - Lucid
(41:53, Esoteric Antenna, 2014)
Die Kommentare zu Auftritten und CDs von Matt Stevens machen neugierig. Oftmals wird die ungewöhnliche, auf Niemanden Rücksicht nehmende Spielweise des englischen Gitarristen herausgestellt, der sich anscheinend nur sehr wenig darum kümmert, was man offensichtlich von ihm erwartet. So sind sowohl seine Bühnenaktivitäten, als auch seine Aufnahmen im Studiokontext von Unberechenbarkeit und düsteren Einflüssen durchzogen, die in Experimentierfreudigkeit die Grenzen zwischen Kunst, Krach und Songstruktur neu definieren. Dass der Künstler anscheinend letztendlich doch nicht so viel falsch macht, beweist der Blick auf die Gästeliste seines aktuellen Albums "Lucid", denn hier sind u.a. mit Pat Mastelotto (King Crimson), Jem Godfrey (Frost*), Chrissie Caulfield (Crippled Black Phoenix) und Emmett Elvin (Guapo) veritable Vertreter aus dem Prog Genre dabei. Dabei hat der Brite genauso wunderbare Melodien im Repertoire, finden sich akustische, sparsam arrangierte Sanftheiten, neben elektronisch verfremdetem Art Rock und voluminösen Soundexperimenten. "Lucid" beinhaltet 11 Songs, wobei es ein Großteil auf gerade mal 2-3 Minuten bringt, was jedoch keineswegs Rückschlüsse über Komplexität und Ausgebufftheit des Material erkennen lässt. Denn die Bandbreite reicht von crimsonesker Vertrackt- ("The ascent", "The bridge") und Sprunghaftigkeit ("Flow"), akustisch-verträumtem Folk ("The other side", "A boy"), cineastischen Anklängen ("Coulrophobia") bis hin zu sphärischer Liedhaftigkeit ("Street and circus"). Hier ist wirklich kein Lied wie das andere und man wird als Hörer immer wieder auf Neue überrascht. Die drei Jahre an Arbeit, die Matt Stevens in dieses Album gesteckt hat, haben sich gelohnt: progressive Musik für offene Ohren.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2014