CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)
Robert Reed - Sanctuary
(38:50, Tigermoth Records, 2014)
Macht man es sich ganz einfach und oberflächlich, dann haut man Robert Reed schlichtweg nur den Vorwurf eines gnadenlosen Mike Oldfield Plagiats um die Ohren und damit ist auch schon die Kritik zu "Sanctuary" zu Ende. Doch einfach gilt hier nicht, denn einerseits hat Robert Reed u.a. mit Bands wie Magenta oder Cyan bewiesen, dass er auch ganz anders kann und keineswegs nur als großer Plagiator agiert. Und andererseits hat Mike Oldfield schon lange keine Lust mehr darauf, solche suitenhaften Alben wie aus seiner Frühphase, sprich von "Tubular bells" bis "Incantations" einzuspielen, was wiederum rechtfertigt, dass Robert Reed mit unheimlich viel Detailliebe eben genau so etwas wie diese Hommage reproduzierte. "Sanctuary" besteht aus zwei logischerweise "Part I" und "Part II" betitelten Longsongs, die genau jenes Mike Oldfield Feeling in vielerlei Facetten aufleben lassen, was man seit den späten 70ern vom englischen Multi-Instrumentalisten vermisst. Ob nun der typische Oldfield Gitarrensound, verspieltes Folk Feeling, fast schon kindliche Melodien, aber eben auch jene sich langsam steigernde Dramatik und Dynamikwechsel. Da ist es letztendlich konsequent, dass Robert Reed logischerweise auch noch alle Instrumente bis hin zu den unumgänglichen Tubular Bells selbst einspielte und sich ausschließlich für den ätherischen Gesang weibliche Unterstützung ins Studio holte. Als Produzent fungiert zu guter Letzt auch noch Tom Newman, der bereits beim ersten Album von Mike Oldfield seine Finger an den Reglern hatte. Herausgekommen ist ein cleveres Album, das mehr als große Verbeugung, denn als blasses Plagiat zu sehen ist. Denn vor allem Qualität und Handwerkskunst stimmen zu 100% und hinterlassen keinen schalen Beigeschmack. Zudem ist es Reed gelungen etwas Eigenes nach einem Vorbild zu erschaffen, bei dem man zwar immer wieder mehr als deutlich erkennt, durch wen es inspiriert wurde, das aber dennoch eine gewisse eigene Note bewahrt. Mehr als nur gut bis sehr gut kopiert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2014