CD Kritik Progressive Newsletter Nr.80 (04/2014)
Copernicus - L'Éternité immédiate
(69:37, Nevermore Inc. / Moonjune Records, 2013)
Im Jahr 2001 nahm der amerikanische (und damit englischsprachige) Vokalartist Copernicus in Guayaquil, Ecuador, mit ecuadorianischen Musikern ein Album auf, das in spanisch und englisch eingesungen wurde. Titel: "La eternidas inmediara" bzw. "Immediate eternity". In Südamerika wurde das spanischsprachige Album veröffentlicht. 2003 tourte der Vokalpoet mit der Band durch Ecuador - und kehrte in Studio zurück, das Album erneut einzuspielen, wiederum in spanischer Sprache. Als alles fertig war, sang er in seinem leidenschaftlichen Sprechgesang auf einen Instrumentaltrack den ins französische übertragenen Text. Daraus wuchs schließlich "L'étérnité immédiate II", das von vielen Fans, und vor allem frankophilen Hörern als sein bestes bezeichnet wird. 10 Jahre später nun erfolgt im Zuge der Neuerscheinungen des Copernicus-Backkataloges die weltweite Neuauflage des Albums. Begleitet von César Aragundi (g), Newton Velasquez (key), Freddy Auz (b), Juan Carlos Zúñiga López (dr) und Matty Fillou (ts, Track 6) ist der Unterschied zur aktuellen Band gut zu hören. Der leger harte Rocksound mit ständig aktiver Gitarre und lauten Gitarrensoli hat viel Jazzflair, ohne sich besonders komplexen Strukturen zu öffnen. Das bedeutet nicht, dass die Songs nicht anspruchsvoll sind. Ganz im Gegenteil, zwischen leisen Balladen-Arrangements auf Pianobasis, nachdenklichen Rocksongs und krachenden Stücken ist das Album gut ausbalanciert, wobei der deftig rockende Sound überwiegt. Was Jazz, hat gut Funk im Blut, und selbst die leisen Passagen können abrupt hart ausbrechen - ganz wie der Hauptartist die Band mit seinen Texten und seinem bedröhnenden Sprechgesang herausfordert. Thematisch kreist Copernicus zwischen Existenz, Humanität, Wirklichkeit, Freiheit und dem Dasein in kosmischer Beziehung vom kleinsten Atom bis zum Kreisen der Erde um die Sonne in teils krassen poetischen Bildern, die sehr lyrisch sein können und überwiegend aggressiv und in jedem Fall aufwühlend sind, im Booklet dieser französischen Albumauflage allerdings nur in französischer Sprache abgedruckt sind. "L'étérnité immédiate" ist musikalisch weniger 'verrückt' und extrem als andere Copernicus-Alben. Da sind keine psychedelischen Muster, keine krassen und wie improvisativ sich entwickelnden Passagen / Songs. Dieses Album ist durchkomponiert und entspricht in instrumentaler Hinsicht hochwertiger Rockmusik insbesondere. Dennoch: selbst wenn es hier durchaus auch länger instrumental zugehen kann, ist das Zentrum dieses Kosmos der Sänger, Copernicus. Und dessen lyrischer wie gesanglicher Stil muss wohl oder übel akzeptiert sein, das Album zu mögen. Und gewiss: ganz Hartgesottene sind noch ganz anderes gewohnt. "L'étérnité immédiate" ist immer noch ein Album, das keine Extremmusikvorbildung verlangt.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2014