CD Kritik Progressive Newsletter Nr.80 (04/2014)

Taylor's Universe - Evidence
(43:53, Marvel of Beauty, 2013)

Robin Taylor schickte mir sein neues Album "Evidence" zu, woraufhin wir emailten und Robin auf meine Frage, wie er das nur immer wieder mache, meinte: "Yeah, I don't know, how I manage to go on... Every time I think, this may be my last release..." Und wie es für ihn - ein bisschen christlich ausgedrückt - immer wieder ein Geschenk ist, ein neues Album fertig zu stellen, so kann es dies ebenso für Fans und Hörer sein. Mein Eindruck: jedes neue Album ist stets ein Stück interessanter und besser als sein Vorgänger. Die Labelnummer 24, "Evidence", enthält 4 Songs. Der Taylor-Sound wird mit jedem neuen Album retrospektiver - und ist nicht Retro Prog. So wie Robin Taylor (g, keys, b, fl, perc) stammen seine Mitarbeiter Karsten Vogel (saxes, b-cl), Claus Bøhling (g solos), Thomas Thor Viderø Ulstrup (synth solos), Klaus Thrane (dr) und Voice Louise Nipper (in einem Song) (fast alle) aus den klassischen Progressive Rock-Phase und kehren mit jedem Jahr mehr in die eigene Vergangenheit zurück. Dazu passt die Songlänge der 4 Stücke. Von hinten aufgeräufelt: "Forever and a day" ist mit 7:48 Minuten das kürzeste Stück, am Anfang der CD steht "Buildings" mit 14:55 langer Architektur. Es passiert gut was in den Songs, wenn die Grundthemen auch elegisch sind, typisch skandinavisch, zwischen Progressive Rock und Jazz Rock mit Folktouch liegen und kaum größere Komplexe auffahren. Die weiten Songflächen sind rhythmisch exzellent aufgefächert, schön drahtig, virtuos und differenziert getrommelt, von schwerem, dunklen Bass getragen und harmonisch angenehmen Keyboardflächen untermalt. Darauf sitzen sich abwechselnde Gitarren- und Synthesizer-Soli sowie sphärische Bandinterplays, die jede Sekunde lebhaft und hinreißend gestalten. In aller melancholisch nachdenklichen Sphärik der Themen steckt kantige Bandarbeit, die vor allem mit den Soli flott und kraftvoll ausgebaut werden. Fabelhafte Saxophonarbeit und der Gänsehaut erschaffende Klang der Bassklarinette tun ein Übriges, Taylor's Universe gern aufzusuchen. Mit Louise Nippers lautmalerischem Gesang im 11:52 langen "Red afternoon" fügt sich gar ein Touch Canterbury ein, der die Jazzdisharmonien ebenso transportiert wie diese gewisse Canterbury-Sanftheit, für die ganz besonders National Health stehen. Am schönsten jedoch sind Taylors Kompositionen und Arrangements an sich. Sein Gespür für raffinierte, komplexe und dabei erstaunlich eingängige Progressive Rock Songs ist eine großartige Begabung, die mit jedem neuen Album in den Bann zieht. Tolles Album - will ich unbedingt empfehlen.

Volkmar Mantei



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