CD Kritik Progressive Newsletter Nr.7 (02/1996)
Lyle Workman - Purple passages
(45:56, Infrared Records, 1995)
Hat Rick Wakeman noch einen unbekannten Bruder in den U.S.A.? Oh, hoppla, der Herr heißt ja Workman und nicht Wakeman! Beim ersten Blick auf das Cover musste ich nochmals genau hinschauen, denn auf die Schnelle hatte ich den Nachnamen wirklich falsch gelesen. Nun, was haben diese beiden W-Männer trotzdem gemeinsam? Beide spielen hauptsächlich Instrumentalmusik, wobei Lyle statt in die Tasten, doch lieber in die Saiten greift. Die einzelnen Tracks auf "Purple passages" bewegen sich zwischen vier und neun Minuten und sind zusammen ein stilistisch schwer einzuordnendes, jedoch insgesamt melodisches Gitarrenalbum. Bei genauem Hinhören sind mit Ähnlichkeiten zu Steve Morse, Joe Satriani, Steve Vai oder Carlos Santana aufgefallen, von den Bereichen her, kommen Jazz Rock, Blues, Latin Rock oder Country in Frage, wobei durch kleinere Breaks auch kleinere progressive Elemente ihren Platz finden. Trotz der Gitarrenlastigkeit und der Zuständigkeit des Saitenkünstlers für Bass und Drum Computer, ist die akustische Abwechslung groß, da er spielerisch und harmonisch, zwischen den Stilen hin- und herspringt. Obwohl ein Drum Computer für den Rhythmus zuständig ist, wirkt dieser in keiner Weise synthetisch, wie z.B. auf dem letzten Album von Peter Banks. Da auch zu verschiedenen Gitarren gegriffen wird - zwölfsaitige Konzertgitarre, elektrische Sitar, Gitarrensynthesizer, Pedal Steel - ist ebenfalls der Klangbereich keineswegs eingeschränkt. Als zusätzliche Unterstützung finden einzelne Gastmusiker ihren Platz. Mal wird georgelt; eine Mundharmonika, wie auch Saxophon sind ebenso bei einem Leid zu vernehmen. Zu Beginn gibt beim Tempo der Gitarrero kräftig Gas, im Verlaufe des Albums wird dafür dieses wieder zurückgeschraubt, alles in sich stimmig und passend. Zweifelsohne sehr gut produziert und auch vom Dargebotenen her erste Sahne. Ehrlicherweise muss ich jedoch zugeben, dass ich die Künste von Lyle Workman und seinen Mitmusikern neidlos anerkenne, doch den richtigen Zugang nicht finden konnte. Trotzdem sicherlich ein gutes bis sehr gutes Album für all diejenigen, die sich in dieses Album reinhören können.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1996