CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)
Science IV - Last album before the end of time
(72:45, Privatpressung, 2012)
Recht abwechslungsreich, was uns die Amerikaner hier anbieten. Da muss nicht unbedingt jede Idee gleich gut zünden, aber mangelnden Einfallsreichtum kann man ihnen gewiss nicht unterstellen, auch wenn es zunächst nicht mit einer Eigenkomposition losgeht, sondern mit einer altbekannten Nummer. Man kennt es vom King Crimson Album "In the wake of Poseidon", aber auch die haben es nicht selbst komponiert. Gemeint ist "Mars" von Gustav Holst. Die Version von Science NV erreicht sicherlich nicht die Intensität von King Crimson und überzeugt mich nicht auf ganzer Linie, ist aber schon mal ein eigenwilliger Einstieg, wobei dies gelegentlich so klingt, als würde Tomita in einer Progband spielen, denn genauso klingen die Keyboards hier. Aber das ist nur eine der vielen Seiten der Amerikaner. Es geht rockig weiter, die Gitarre übernimmt für eine ganze Weile die Hauptrolle. Was mir dann auf Anhieb sehr gut gefallen hat, ist das knapp 9-minütige "Cold sleep". Hier wechseln sie - mal wieder - die musikalische Ausrichtung, jetzt wird es recht spacig. Es geht sehr besonnen und bedächtig los, ein bisschen Space Rock, ein bisschen Ambient - sehr angenehm zu hören nach den doch zum Teil recht frickeligen Parts zuvor. Tolle Nummer. Es folgt der längste Titel, das fast 16-minütige "The ring cycle". Es startet auf eine Art und Weise, die sehr stark an Crimson's "Red" Album erinnert. Auch hier spielt die Gitarre eine Hauptrolle, gegen Ende befindet man sich plötzlich in Ozric Tentacles Gefilden. Und nach diesem Stück mit Crimson-Einschlag folgt ein (zunächst) ruhiger Titel mit akustischer Gitarre und Spinett, der mich an frühe Amazing Blondel erinnert. Ein interessanter Sprung. Zwar schwelen Keyboards im Hintergrund, die irgendwie Düsteres anzukündigen scheinen, doch stattdessen folgt plötzlich eine wunderbare Geige, später auch Cello. Doch kaum hat man sich an diese pure Schönheit gewöhnt, gelangt der Song auch schon wieder in unruhiges Fahrwasser und wird gegen Ende richtig frickelig und ungemütlich. Als eine Art Bonus wurde schließlich noch eine Alternativ-Version des Longtracks angehängt. Das ist schon recht viel versprechend, was hier geboten wird. Sie lassen sich kaum festlegen und sind damit recht unvorhersehbar. Auch wenn nicht alle Songs auf ganzer Länge überzeugen, ein interessantes Debüt ist dies allemal.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2013