CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)
Alessandro Bertoni - Keystone
(36:02, Generation Prog, 2013)
Bei Alben von Keyboardern besteht immer die Gefahr der Selbstdarstellung, der Aneinanderreihung von Fingerfertigkeiten ohne Inhalt. Aber Achtung: das Cover des in Los Angeles lebenden Keyboarders Alessandro Bertoni schaut zwar nach typischem Tasten / Prog Klischee aus, doch trügt der Schein, denn sein Solowerk kann fast ausnahmslos begeistern. Produziert von Derek Sherinian, schlägt Bertoni stilistisch eine ähnliche Richtung wie sein Produzent ein. Bedeutet: harter, virtuoser Progressive / Jazz Rock, der jedoch geschickt satte Melodien und interessante Rhythmik hinzufusioniert und eben nicht nur auf alleinige Tastendominanz setzt. Dazu wurden überaus fähige und souverän agierende Mitstreiter engagiert, als da wären: Virgil Donati am Schlagzeug (u.a. Planet X, Allan Holdsworth, Steve Vai), der Bassist Ric Fierabracci (Chick Corea, Billy Cobham, Dave Weckl), sowie Gitarrist Brett Garsed (u.a. Planet X). Somit ist Bertoni eben nicht der Alleinunterhalter, sondern Gitarre und Tasten liefern sich manch interessante Duelle und eigene Wagnisse, während die Rhythmusfraktion weit mehr als nur unauffällige Begleiter im Hintergrund bleiben. Doch die Stärke von wirklich guten Musikern offenbart sich immer dann, wenn man sie niemals zu auffällig wahrnimmt, wenn das Gesamtkonstrukt bzw. die Songstrukturen im Vordergrund stehen und eben nicht das eigene Profil. Dabei ist "Keystone" mit knapp 36 Minuten zwar recht kurz ausgefallen, doch dafür gibt's zwischen Gitarrenriffs und satten Hammond- und Synthieakkorden kein Füllmaterial. Nicht zu vertrackter Jazz Rock, kein zu überladener Heavy Progressive Rock, sondern die genau richtige, überaus powervolle Mischung. Wunderbares Debüt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013