CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)

Levin Minnemann Rudess - Levin Minnemann Rudess
(64:49, Lazy Bones Recordings, 2013)

Ein Album, das verspricht, was man vom ihm inhaltlich erwartet. Denn wenn Tony Levin, Marco Minnemann und Jordan Rudess die Instrumente und Idee kreisen lassen, dann ist überbordende Virtuosität, gnadenloses Gefrickel und Komplexität bis zum Abwinken garantiert. Jedoch muss man dem internationalen Trio zu Gute halten, dass sie eben nicht nur mit erstaunlich kreativen Einfällen bei Sounds und Zusammenspiel glänzen, das hat trotz erschlagender Verspieltheit doch noch ein gewisses, gesundes Maß an Struktur. Natürlich sollte man hier keine "normalen" Songformate erwarten, gerade wenn die drei Filigrantechniker alles Kreative aus sich herausholen, doch verfügen die musikalischen Zaubereien und eleganten Fingerübungen durchaus über mehr als nur den Mund öffnenden "Wow" Faktor. Natürlich kommt man ohne bedingungslose Begeisterung für instrumentales Können bei diesem Album auf keinen grünen Zweig, sondern tut dies eben nur als zügellose und maßlos übertriebene Selbstdarstellung ab. Doch seien wir doch mal ganz ehrlich: wer sich ein Album von diesem Dreier zugelegt, weiß ganz genau, mit was er zu rechnen hat. Dafür bekommt man als süchtiger Zuhörer eine mannigfaltig unterhaltene Werkschau von drei Ausnahmemusikern, die sich in keinem Moment zurücknehmen. Der Fundus an diversen Begeisterungszuständen der Selbstbeweihräucherung wird voll ausgelebt und trotzdem hat man niemals den Eindruck, dass man aneinander vorbei musiziert. Die Bandbreite reicht von nahezu direktem Rock mit metallischem Flair, Ausflügen hin zum alles vereinnahmenden Jazz Rock / Fusion bis hin zu perkussiven, leicht schwebenden World Music Anleihen. Vieles funktioniert deshalb so perfekt, da man eine gesunde Balance zwischen ausufernder Metaphorik und direkter Struktur gefunden hat. Kopfkino für Wissende und Eingeweihte.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2013