CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)

The Worm Ouroboros - Of things that never were
(54:48, Fading Records, 2013)

Weißrussland ist ja nicht gerade für seine offene politische Haltung und Kritikbereitschaft gegenüber seinem Regime bekannt. Letztendlich bezeichnet man das Land als die letzte noch recht offensichtliche Diktatur in Europa. Da erstaunt es, welch interessante zwischen moderner Klassik und Avantgarde tendierenden Bands gerade in letzter Zeit (z.B. Rational Diet, Five-Story Ensemble, The Archestra) aus diesem Land kommen. The Worm Ouroboros reihen sich letztendlich nahtlos in die Reihe der begnadeten Instrumentalisten und Kompositeure ein. Während es die Landeskollegen etwas sperriger und komplexer mögen, pflegt das Quartett aus Minsk einen elegisch-sinfonischen Stil der eher unterschwellig weicheren Töne. Gekonnt und virtuos ist das Material trotz alledem, nur nicht so offensichtlich gegen den Strich und auf inhaltlichen Krawall gebürstet, sondern mehr in konsistente, gewohnte Bahnen gelenkt. Retro Prog, Folk und federnder Jazz Rock gehen hier Hand in Hand, analoge Keyboardsounds, Flöte und sachte Gitarrenlinien bestimmen den Inhalt. Dabei sollte man beim Wort Jazz Rock eher flirrende Offenheit und verkopfte Experimentierfreudigkeit erwarten, weswegen dieser Output auch beim AltrOck Sublabel Fading Records erschien, was eher für Sinfonik und moderate Komplexität und keinesfalls Avantgarde und musikalische Belastbarkeit der stärkeren Sorte steht. Einzig der etwas blasse, aber nur selten bemühte Gesang passt nicht so ganz ins Gesamtbild. "Of things that never were" vereint auf 11 Tracks akustische, sinfonische Einflüsse in einer gewissen anspruchsvollen Leichtigkeit. Zwar schwebt immer etwas Melancholisches zwischen den Tönen, trotzdem hat hier offensichtliche schwermütige, osteuropäische Traurigkeit nur wenig Platz. Retro Prog mit erhobenem Zeigefinger, aber ohne direkte Bauchschmerzen.

Kristian Selm



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