CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)

Salim Ghazi Saeedi - namoWoman
(40:13, Privatpressung, 2012)

Und als lägen nicht sechs Jahre dazwischen, ist in Salim Ghazi Saeedis 2012er Album "namoWoman" die gleiche Handschrift zu erkennen, wie im Debüt. Dabei ist der ethnische Rahmen viel größer, wagt Salim vielfache folkloristische Ansätze und Arrangements, finden Jazz und selbst Avantrock erheblich größeren Raum. Dabei scheint es, als folge Salim Ghazi Saeedi keinem stilistischen Vorbild, sondern habe diesen ureigenen Klang stets verinnerlicht, so, als kennte er den aktuellen Avantrock nicht. Es ist natürlich schwer, Parallelen als Univers Zero zu nennen, weil dies nicht im Ansatz wirklich funktioniert. Eher funktionierte es, Salim quasi als Alien im eigenen Staat zu bezeichnen, der als wohl einziger Künstler Art Rock und Metal spielt und dabei Tabus bricht, die anderswo nicht denkbar erscheinen und sonst auch nicht existieren. "namoWoman" ist, die Songs sagen es, eine Hommage an alles, was das Frausein aus Salims Sicht ausmacht, ganz ohne Worte ausgedrückt, nur in extravaganter Komposition zwischen wie Computerspiel anmutender Folklore-Extrakt, düsterem Kunstrock und metallischer Scharfkantigkeit. Salims Kompositionen sind heute weitaus ausgereifter und vielfältiger als zu Beginn. Die Komplexität der Themen ist nicht typisch Rock oder Prog, ist überhaupt nicht typisch. Selbst das, was im europäischen oder amerikanischen Avantrock extrem ausfällt, findet hier keinen Vergleich. Weit hergeholt ist also der Vergleich zu Univers Zero, und der liegt in der Düsternis der Themen, der Nähe zur Neuen Musik, in der Komplexität der Kompositionen. Indes ist Salim weitaus metallischer, härter und krasser als Univers Zero, und seine dunkle Seite hat eine seltsame Nähe zu, wie gesagt, Computerspielsounds (ich kenne nur "Siedler 3", daher kommt der Vergleich). Die 9 Stücke bringen es auf 40:13 Minuten. Ich kann nur Neugierde auf diesen ungewöhnlichen Sound empfehlen, der Orient hat dem Okzident nur sehr viel zu bieten.

Volkmar Mantei



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