CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)

Gazpacho - March of ghosts
(50:17, KScope, 2012)

Das neue Werk von Gazpacho, den Sentimental - Art - Proggern aus dem hohen Norden, gewinnt sicher keinen Innovationspreis, aber es ist ein Album voller stimmungsvoller und stimmiger Musik und damit reiht es sich ein in die bisherigen qualitativ ansprechenden Outputs dieser Band. Das Thema "Geister" passt natürlich perfekt zur musikalischen Grundausrichtung der Band und speziell zum gefühlvollen Gesang von Jan H. Ohme, der diesmal zumindest streckenweise nicht ganz so sentimental weinerlich erscheint, dafür aber umso harmonischer die meisten der, wie immer, sehr melodiösen Songs dominiert. Bereits zu Beginn verbreitet der instrumentale Intro - Track (als "Opener" würde ihn nicht bezeichnen) eine Art Friedhofsatmosphäre, die musikalisch in die folgenden Songs durch fließende Übergänge trefflich weiter transportiert wird. So entstehen immer neue, einzeln sozusagen "beleuchtete Bühnenbilder", in denen eine weitere Geistergeschichte erzählt wird. Bei Gazpacho gibt es keine solierenden Musiker zu bewundern, die Band besticht, wie immer, durch homogenes Zusammenspiel. Allenfalls der Violine werden ein paar soloähnliche Parts eingeräumt, dann zumeist gepaart mit folkartigen Einschlägen. Dies bringt dringend notwendige (Rhythmus-) Abwechslung für den Hörer. Insgesamt wirkt "March of ghosts" aber äußerst kompakt, ohne Experimente, mit typischen Gazpacho - Stimmungsbildern, die recht ordentliches kompositorisches Niveau zeigen. Besonders gefallen kann die Sequenz der Titel "Gold star", "Hell freezes over III" und "Mary Celeste", die allesamt mit einfühlsamem Gesang und nicht ganz so düsterer musikalischer Inszenierung aufwarten. Gegen Ende, im Schlussteil (IV) von "Hell freezes over", werden Gazpacho tatsächlich auch mal etwas lauter rockig, ohne dass allerdings von den oft zitierten "Ecken und Kanten" gesprochen werden könnte - diese sind bei Gazpacho einfach nicht im Programm. Ein schönes künstlerisches Artwork/Booklet ergänzt einen guten Gesamteindruck des Albums.

Jürgen Wissing



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