CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)

XII Alfonso - Charles Darwin
(60:47 + 60:08 + 60:05, Privatpressung, 2012)

Was für ein opulentes Werk! Hier hat sich die französische Formation um die Brüder Claerhout ja wahnsinnig viel Mühe gegeben. Wenn ich dem von ihnen getriebenen Aufwand adäquat Rechnung tragen würde, müsste diese Kritik mindestens 4 Seiten lang sein. Das wird sie natürlich nicht. Aber einige Informationen müssen schon erst mal herhalten. Das Konzept: in 3 Etappen wird das Leben des Charles Darwin in Form einer musikalischen Biographie dargestellt, und zwar auf 3 CDs mit jeweils rund einer Stunde Spielzeit. Die Dimension der Aufmachung ist in etwa vergleichbar mit der CD-Version der legendären Greenslade / Woodruffe Zusammenarbeit ("The pentateuch of the cosmogony") oder den Seven Reizh Werken. Das Innenleben besteht aus einem 76-seitigen Booklet, dazu gibt es noch eine separate Beilage. Genauso beeindruckend die Liste der benutzten Instrumente: flutes, recorders, guitars, dan thran, vali, bouzouki, dan bao, basses, cello, orchestral sections, pianos, synthesizers, gongs, saxes, theremin, ethnic instruments, drums, percussion, mandolin etc. Auch in Sachen Gastmusiker ist man nicht gerade bescheiden: 50 Musiker werden gelistet, darunter viele bekannte Namen wie John A. Helliwell, Ton Scherpenzeel, Terry Oldfield, John Hackett, Mickey Simmonds, Tim Renwick, Ian Bairnson, Francis Dunnery, Robin Boult, David Paton, um nur einige zu nennen. Und auch die Liste der Gastsängerinnen/-sänger ist lang, u.a. Maggie Reilly, Jayney Klimek, Alistair Gordon. Besonderen Eindruck hat bei mir dabei Amy Keys auf dem sehr schönen Song "Emma and Charles" hinterlassen - tolle Stimme! Angesichts des zugrundeliegenden Konzeptes ist es nicht weiter verwunderlich, dass hier ein abwechslungsreiches Programm angeboten wird. Folk-Rockiges, Exotisches mit Ethno-Touch, Rockig-Symphonisches, Balladeskes, Jazziges, Pop etc. Das bedeutet gleichzeitig aber auch, dass man es mit einer insgesamt recht heterogenen Masse zu tun hat und man fast zwangsläufig - je nach persönlicher Vorliebe - das eine gut und das andere wiederum weniger interessant findet. Gleiches gilt für die Vielzahl an Stimmen - manche mag man, andere nicht. Somit ist es eher unwahrscheinlich, dass man das komplette Album von Anfang bis Ende liebt. Auch wenn ich hier nicht alles mag, finde ich aber doch eine Vielzahl gelungener Kompositionen, die meinen Geschmack treffen, so dass ein positiver Gesamteindruck bleibt. Und ich will es auch nicht versäumen, Respekt zu zollen für dieses Gesamtkunstwerk. Denn eines ist dieses Album auf jeden Fall: bemerkenswert!

Jürgen Meurer



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