CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)

Xanadu - The last sunrise
(45:35, Progrock Records, 2011)

Natürlich ist es schwierig, etwas gänzlich Neues zu erfinden, denn jede Band ist irgendwie von irgendjemand anderem beeinflusst. Bei Xanadu wird jedoch vielfach die Grenze zwischen Beeinflussung und Kopieren recht deutlich überschritten. 2008 in Polen gegründet, ist das Debüt "The last sunrise" so deutlich an den musikalischen Mikrokosmos von Riverside angelehnt, dass die schon fast als originalgetreue Kopie durchgeht. Als doppelte Entschuldigung darf dabei immerhin angeführt werden, dass ein Teil der Band bereits in den 90ern existierte und Xanadu zudem ihre Art von Riverside Prog wirklich überzeugend umsetzen konnten. Xanadu agieren als Quintett und setzen auf progressive Härte einerseits, wissen aber genauso stimmungsvolle Momente einzubringen. Doch die unterschiedliche Intonation des Gesangs - mal technisch verfremdet, mal aggressiv überdreht, meistens jedoch in angenehmer Tonlage - sowie die gut durchdachte Verschmelzung aus harter Rhythmik und satten Riffs, wie auch schwebende Sinfonik, erinnert immer wieder an die polnischen Kollegen. Deswegen fragt man sich andauernd, wer nun von wem beeinflusst wurde. Zweifelsohne verfügt das Material von Xanadu über eine entsprechende Klasse, versteht es die Band, die richtigen Knöpfe im musikalischen Kontext zu drücken und sich mehr als nur ordentlich in Szene zu setzen. Doch über allem schwebt das Damoklesschwert des Riverside Klons. "The last sunrise" ist ein Album, bei dem zwar jegliche Originalität fehlt, doch sofern man sich davon nicht abhalten lässt, wird man mit einer modernen, härteren Version des Art / Progressive Rock entschädigt. Das ist zwar nur bedingt eigenständig, aber trotzdem auf seine Weise gut bis sehr gut gemacht. Wie man dies nun selbst beurteilt, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Kristian Selm



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